Nahrungsergänzungsmittel - sinnvoll?

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Der Durchschnittsdeutsche isst 82 Prozent zu wenig Gemüse und 59 Prozent zu wenig Obst. Hier können Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein. Foto: iStock
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Vitamine

Viele Menschen nehmen Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine und Mineralstoffe, um gesund zu bleiben. Dr. Michael Gesche, Mediziner im westfälischen Hamm, kennt sich mit Mikronährstoffen besonders gut aus und klärt die Frage, ob Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sind oder nicht.

Ich esse viel Gemüse und Obst. Brauche ich trotzdem zusätzlich Vitalstoffe?

Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass ein Großteil der Bevölkerung mit Vitaminen und Mineralstoffen unterversorgt ist. Täglich fünf Portionen Gemüse und Obst lautet die Empfehlung, aber das schaffen nur die wenigsten. So isst der Durchschnittsdeutsche 82 Prozent zu wenig Gemüse und 59 Prozent zu wenig Obst. Dass wir unterversorgt sind, liegt auch an der industriellen Lebensmittel-Produktion: Durch unreife Ernte, lange Transportwege und Verarbeitung gehen viele Vitalstoffe verloren. Trotzdem braucht nicht jeder Mensch jeden Tag Nahrungsergänzungsmittel. Man sollte im Zweifel seinen Hausarzt oder Apotheker fragen.

Kann ich Vitalstoffe auch gefährlich überdosieren?

Grundsätzlich nein! Wer sich an die auf der Packung angegebene Verzehrempfehlung hält, kann nichts falsch machen - selbst wenn er obendrein noch große Mengen an Gemüse und Obst verzehrt.

Von Fischöl-Kapseln muss ich unangenehm aufstoßen. Gibt es eine Alternative?

Man kann es mit pflanzlichen Fettsäuren versuchen, etwa Leinöl-Kapseln. Das wird vom Körper allerdings schlechter aufgenommen, man braucht davon also mehr. Was bei Fischöl-Kapseln hilft: nie auf nüchternen Magen einnehmen.

Von Eisentabletten bekomme ich Verstopfung. Kann das sein?

Das kann leider passieren. Wer zu Verstopfung neigt, sollte darauf achten, viel zu trinken, mindestens zwei Liter Wasser am Tag. Die Tabletten nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt absetzen. Es gibt auch sanftere Eisenpräparate, aber damit dauert es viel länger, den Eisenmangel zu beheben.

Wieso färben manche Vitaminpräparate den Urin?

Das liegt am Vitamin B2 und ist völlig harmlos. B2 wird auch in der Lebensmittelindustrie als Farbstoff genutzt.

Gerinnungshemmer und Vitamintabletten - geht das zusammen?

Bei der Verschreibung von Gerinnungshemmern wird den Patienten häufig geraten, bloß nicht zu viel grünes Gemüse zu essen, weil das darin enthaltene Vitamin K die Tabletten ausbremsen könnte. Ich kenne allerdings keine Studie, die das belegt. Gerade wer krank ist, sollte besonders viel Gemüse essen, würde ich sagen. Die Einnahme von Vitaminpräparaten, die Vitamin K enthalten, sollte man aber vorher mit dem Arzt besprechen.

Was müssen Raucher bei Vitalstoffen beachten?

Es gab mal eine Studie, die belegte, dass starke Raucher ihr Lungenkrebs-Risiko erhöhen, wenn sie täglich 25 mg Betakarotin einnehmen. Diese Menge ist völlig unrealistisch, in gängigen Vitamin-Präparaten sind maximal 5 mg. Generell gilt: Raucher brauchen mehr Vitalstoffe als Nichtraucher. Vor allem Vitamin C. Schon eine Zigarette verbraucht 40 mg Vitamin C. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt täglich 100 bis 150 mg. Das ist zu wenig. Unser Immunsystem braucht 500 mg.

Dürfen auch Diabetiker Nahrungsergänzungsmittel einnehmen?

Das sollten sie sogar! In vielen Ländern werden diesen Patienten Nahrungsergänzungsmittel ärztlich verordnet. Denn man weiß, dass das Diabetes-Medikament Metformin etwa die hochwichtigen B-Vitamine abbaut. Vorher unbedingt den Arzt fragen.

Viele Menschen brauchen Nahrungsergänzungsmittel

Für die Nationale Verzehrstudie des Bundesforschungsinstituts für Ernährung und Lebensmittel wurde die Versorgung der Bevölkerung mit Vitalstoffen untersucht. Fünf Ergebnisse aus der Studie: 32 % der Frauen haben zu wenig Vitamin B1 (Männer: 21 %) im Blut, an Kalzium mangelt es 55 % der Frauen (Männer: 46 %), an Eisen 58 % (Männer: 14 %), an Folsäure 86 % (Männer: 79 %), an Magnesium 29 % (Männer: 26 %). Gerade diese fünf Vitalstoffe sind wichtig für Nerven, Gefäße, Knochen und Immunsystem.