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Beziehungsvermeider: Wie wir unbewusst die Liebe blockieren

Wenn jeder Beziehungsversuch scheitert, liegt das Problem manchmal bei uns selbst. Ein Experte gibt Rat.

Wenn jeder Beziehungsversuch scheitert, liegt das Problem manchmal bei uns selbst. Ein Experte gibt Rat.
Foto: coffeekai / iStock
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Anja, 41, wünscht sich verzweifelt Liebe und einen netten Mann. Doch jeder Beziehungsversuch scheitert. Der Grund: Unbewusst blockt sie die Liebe ab. Warum, erklärt hier der Autor des Buches "Jeder hat die Beziehung, die er verdient".

Sind wir unbewusste Beziehungsvermeider?

Die eine trifft nur Männer, die nichts Festes wollen, die andere trifft nur Männer, die ihr viel zu geizig sind. Woran liegt es, wenn manche Frauen immer wieder die falschen Männer treffen? Manchmal sind wir selbst der Grund, meint der Partnerschafts-Forscher Hermann Meyer, der das Buch "Jeder hat die Beziehung, die er verdient" geschrieben hat.

Woran wir erkennen können, ob wir unbewusst eine Beziehung vermeiden wollen, obwohl wir eigentlich meinen, genau das zu wollen, erklärt er hier anhand von zwei Fall-Beispielen. Im anschließenden Interview erklärt der Autor, wie wir den Beziehungsvermeider in uns abschalten können.

Fall 1: Anjas Energien sind schon gebunden

Anja (41) leidet sehr darunter, dass sie seit einigen Jahren Single ist. Zwar tauchten von Zeit zu Zeit immer wieder potenzielle Partner in ihrem Leben auf, aber die wollten sich nicht fest binden. Entweder waren sie bereits verheiratet, oder sie strebten nur eine kurze Affäre an, oder es handelte sich um sehr freiheitsliebende Männer, die nur sporadisch bei ihr vorbeischauten. Anjas sehnlichster Wunsch aber ist es, in einer festen Beziehung zu leben.

Im Gespräch mit ihr wird schnell klar: Bewusst will sie eine Beziehung, aber unbewusst tut sie alles dafür, dass es nicht dazu kommt. Diese Diskrepanz zwischen dem bewussten und dem unbewussten Wollen ist eine Schwierigkeit, die sowohl die Partneranziehung als auch den Verlauf einer Partnerschaft ungünstig beeinflusst.

Wie aber ist es möglich, dass Anja unbewusst gerade das abwehrt, was sie sich so sehr wünscht?

Anjas Energien sind bereits gebunden in ihrem überaus starken beruflichen Engagement, in einer überdimensionierten Beziehung zu ihrer Tochter Michaela (17) und in ihrer Alkoholsucht (sie trinkt jeden Abend eine Flasche Wein).

Aufgrund dieser drei Bindungen ist in ihrem Leben kein Platz für einen Partner, sie hätte – realistisch gesehen – auch keine Kraft und keine Zeit für eine weitere Bindung. Da sie sich dieser Tatsache jedoch nicht bewusst ist, hält sie sich selbst für beziehungsfähig, ihre potenziellen Partner dagegen für beziehungs- oder bindungsgestört.

Es ist ein weit verbreitetes Phänomen, dass man die eigenen Blockaden und Abwehrmanöver nicht sieht, ja sie gar nicht als Beeinträchtigung der eigenen Beziehungsfähigkeit erkennt.

Im Grunde genommen ist es so, dass derjenige, der unbedingt eine Beziehung eingehen möchte und sich die Nähe zu einem Partner so sehr wünscht, unbewusst Distanz schafft. Solche Distanz schaffenden Manöver hindern einen potenziellen Partner daran, mehr Nähe zu suchen. Denn warum sollte er mehr Nähe und Bindung wollen, wenn eigentlich gar kein Platz für ihn da ist?

Fall 2: Wenn Frauen nur geizige Männer treffen

Gerade Frauen klagen in unseren Seminaren oft darüber, dass sie immer wieder geizige Männer anziehen. Auch hier liegen Ursachen vor, die sich meist dem bewussten Erkennen entziehen. Wenn eine Frau immer nur ihren subjektiven Geschmack verwirklicht, es also ablehnt sich auch mal »männerfreundlich« zu kleiden, ausschließlich ihren eigenen Lebensstil durchzieht sowie ohne Rücksicht zu nehmen ihre Vorstellungen durchzusetzen versucht, bekommt der Mann von ihr nichts, was er brauchen kann, nichts, was seine Bedürfnisse stillt.

Es handelt sich dabei um einen unbewussten Geiz vonseiten der Frau, der einen bewussten Geiz des Mannes zur Folge hat. Der Mann will ihr nichts geben, ist finanziell nicht großzügig und beginnt auch, mit seiner Zeit zu geizen, das heißt er geht auf Distanz.

Der unbewusste Geiz der Frau, nämlich mit ihren Reizen zu geizen, nur ihre Vorstellungen zu verwirklichen und dem Mann nicht das zu geben, was er brauchen würde, um sich von ihr geliebt zu fühlen, steht in einer komplementären Beziehung zum bewussten Geiz des Mannes. Sie beklagt sich dann darüber, dass sie immer nur an geizige Männer gerät bzw. an Männer, die eine Disposition zu Geiz haben, ohne zu ahnen, dass sie durch ihr Verhalten diese Disposition in ihren Partnern weckt.

Sie jammert über die Wirkungen, die sie verursacht, will diese Symptome bekämpfen oder hofft darauf, dass eines Tages einmal ein groß zügiger Mann auftaucht, der sie so liebt, wie sie ist. Aufgrund der eben aufgezeigten Gesetzmäßigkeit kann sich ihr Wunsch jedoch niemals erfüllen. Es sei denn, sie macht sich ihren unbewussten Geiz bewusst, wird selbst großzügiger und einfühlsamer und stillt einige der Bedürfnisse ihres Partners. Dann kann sich das Bild wandeln, und das Problem wäre verschwunden.

Interview: Wie werden wir den Beziehungsvermeider los?

Hermann Meyer ist Partnerschafts-Forscher und leitet die Partnership-Academy in Ottobrunn bei München. Hier erklärt er, wie wir den Beziehungsvermeider in uns erkennen und abschalten können.

Herr Meyer, inwiefern verhindert das Unbewusste bei allen Menschen das Gelingen einer glücklichen Beziehung?

Hermann Meyer: Weil wir gewöhnlich unter dem Einfluss eines unbewussten Lebensplans stehen, der sich in der Kindheit gebildet hat. Aufgrund dessen handelt das eigene „Ich“ immer noch aus diesen frühkindlichenPrägungen heraus. Es reagiert zudem ständig auch auf die jeweiligen Lebenspläne bzw. Drehbücher der anderen. Wir befinden uns wie in einem Film, bei dem verschiedene Rollen vergeben werden. Während man bei einem Kinofilm weiß, dass der Schauspieler dort auf der Leinwand diese Rolle nur spielt und ansonsten ein ganz anderer Mensch ist, hält man in seinem persönlichen Lebensfilm den Schauspieler für den echten Menschen. Man kann also meist nicht unterscheiden zwischen dem Partner als Schauspieler und dem Partner als Menschen.

Besonders deutlich wird das an der berühmten Rolle des Geheimagenten 007 James Bond. Diese Rolle haben u.a. Sean Connery, Roger Moore und Pierce Brosnan gespielt. Bei jedem handelt es sich um einen völlig anderen Menschen. Die zu spielende Rolle blieb bestehen, aber die Schauspieler wechselten. Ebenso verhält es sich bei vielen Menschen. Sie vergeben in ihrem Lebensfilmganz bestimmte Rollen. Jeder Partner, der auf der Bühne ihres Lebens auftritt, muss diese Rolle spielen, unabhängig davon, wie er aussieht, charakterlich strukturiert ist, was er fühlt und denkt. Insofern liebt man dann auch den Partner nur in seiner zugewiesenen Rolle, aber nicht den Partner in seiner persönlichen Eigenart. Und die Enttäuschung ist damit schon vorprogrammiert.

Wie kann ich meine Energie-Binder identifizieren?

Gebundene Energien sind häufig die Ursache für eine „falsche“ Partneranziehung und für Schwierigkeiten in Beziehungen. Warum? Weil dann für eine Partnerbeziehung kaum mehr Zeit zur Verfügung steht oder weil der Partner in die zweite Reihe gedrängt wird. Man kann sich immer fragen: Was ist mir wichtiger als mein Partner? Meine Sucht? Mein Auto? Mein Sportverein? Meine Freunde? Mein Haustier? Mein Guru? …

Sicher, man kann all dies haben, aber wenn die meiste Energie nur dorthin fließt, zieht man unbewusst bereits einen Partner an, der nicht passt, damit man wieder ein Alibi hat, um der Sucht frönen oder Zuflucht bei Freunden oder bei einem Guru nehmen zu können. Meistens ist also nicht ein anderer Partner Grund für Eifersuchtsgefühle, sondern man ist unbewusst eifersüchtig auf das, was dem Partner wichtiger erscheint, etwas, gegenüber dem man zurückstehen muss.

Wie kann ich am besten Energien für eine liebevolle Beziehung freisetzen?

Wenn man erkennt, was man mit dem eigenen Fühlen, Denken und Handeln beim Partner erwirkt, und wenn man überkommene Glaubenshaltungen, alte Gefühlsraster und Rollenerwartungen loslassen kann, ist es möglich, sich darauf zu besinnen, um was es wirklich in einer Beziehung geht: um Zärtlichkeit, Erotik, Sexualität, gegenseitiges Umsorgen und um seelisch-geistiges Wachstum. Dabei ist für das gemeinsame Glück entscheidend, besonders für die Individualität und Eigenart des Partners Verständnis zu zeigen und dafür Sorge zu tragen, dass es sowohl einem selbst als auch dem Partner gut geht. Wenn also immer gleich zwei Menschen darauf achten, dass man sich wohlfühlt, muss es einem doch gut gehen.

In Ihrem Buch findet sich eine Liste mit 144 Bedürfnissen, die jeder Mensch haben soll – wozu soll diese Bedürfnistabelle gut sein?

Die Liste ist wichtig, um sich der eigenen wirklichen Bedürfnisse bewusst zu werden. Ferner kann diese Liste Ausgangspunkt für ein wichtiges partnerschaftliches Gespräch sein. Dieses Gespräch ist notwendig, weil man sonst Jahre und Jahrzehnte in einer Partnerbeziehung zubringen kann, ohne dass das, was man wirklich braucht, je erfüllt wird. Der Partner kann ja nicht ahnen, was man alles auf den verschiedenen Lebensgebieten benötigt. Außerdem kann geklärt werden, welche Bedürfnisse vom Partner erfüllt werden können, ohne dass er sich dabei verleugnen muss, und welche man selbst zu stillen hat, damit ein befriedigendes und freudvolles Leben möglich wird.

Jeder hat die Beziehung, die er verdient: Hermann Meyer, Heyne Verlag

ISBN: 978-3-453-60350-9

Im Video: Gründe, warum Männer keine Beziehung wollen!

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