Es geht nicht nur um Sex...

Britt: "Ich bin ein Callgirl"

Britt ist eine nicht alltägliche Frau. Sie begleitet einsame Herren zu gediegenen Abendveranstaltungen, auf Wochenendreisen oder trifft sich nur ein paar Stündchen mit ihnen. Dabei geht es nicht nur um Sex − aber auch ...

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Britt: "Ich bin ein Callgirl" Foto: drubig-photo, fotolia
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Sie hat Augen wie ein tiefer, dunkler See. Beine, die bewundernde Blicke auf sich ziehen − und sie strahlt diesen Hauch von Eleganz und Erotik aus, den nur Frauen haben, die wissen, was sie wollen. Die sich lustvoll ins Leben stürzen und darin baden. Die das Glück auskosten und in schlechteren Zeiten davon zehren. Sie nimmt einen tiefen Zug aus ihrer Zigarette, und schon die Art, wie sie raucht, könnte einen Mann, der das Abenteuer sucht, um den Verstand bringen: mit halb geschlossenen Lidern, den Kopf leicht zur Seite geneigt.

"Ich bin Britt", sagt sie zwischen zwei Zügen und pustet eine kleine Rauchwolke in die Luft.

Den Namen hat sie sich ausgedacht, als sie vor einem halben Jahr diese Lust spürte, sich mit fremden Männern zu treffen, mit ihnen tanzen zu gehen, essen, ins Kino, auf Partys − und ins Bett, wenn sie es wollen. An diesen Tagen schlüpft die 38−Jährige in die Rolle der Dame für gewisse Stunden. Sie verschweigt ihren richtigen Namen und erzählt nichts von ihrem bürgerlichen Leben als Unternehmerin.

Und sie verrät auch nicht, dass sie einen Freund hat: In ihn hat sie sich vor anderthalb Jahren verliebt. Und mit ihm gemeinsam hat sie nach einem Jahr Beziehung beschlossen, sich auch mal ein paar schöne Stunden mit anderen Männern zu machen − und ihnen dafür eine tolle Nacht oder ein unvergessliches Wochenende zu schenken.

Ab 200 Euro aufwärts.

"Mein Freund und ich sind sehr offen", sagt Britt. "Wir leben unsere Liebe, und wir leben unsere Lust. Dazu gehört auch die Fantasie, dass fremde Männer mich begehren und wie sie mich begehren. Das bereichert unser Liebesleben." Britt wollte schon einmal als Escort−Dame arbeiten. Damals, vor zehn Jahren, war sie Single und hatte Spaß am schönen Leben und am Sex. "Ich dachte, warum soll ich damit nicht ein bisschen Geld nebenher verdienen." Aber dann hatte sie plötzlich Angst vor der eigenen Courage.

Die Liebe ihres Freundes gibt ihr Sicherheit

"Mit 28 war ich wohl noch nicht so weit. Ich war mir damals nicht sicher, ob ich zwischen so einem Job und dem Privatleben trennen kann. Es ist ein Unterschied, ob ich mit einem Mann spontan einen One−Night−Stand habe, mich von einer Laune treiben und mein Gefühl entscheiden lasse, oder ob ich das beruflich mache.

Dann bereite ich mich vor und lasse mich bewusst auf diesen Mann ein − und nach dem Abschied schalte ich wieder ab und verwandele mich zurück in die Privatfrau." Dass sie sich heute so sicher fühle und ihr das Umschalten zwischen diesen Welten so leicht falle, liege wohl an ihrer tollen Beziehung, an der großen Liebe zu ihrem Freund, sagt sie und spielt mit dem Strohhalm in ihrem Cocktail, bevor sie daran nippt.

Das Geld, das sie in diesen Stunden verdient, ist purer Luxus. Sie braucht es nicht, denn ihr Unternehmen mit mehreren Mitarbeitern läuft gut. "Finanzielle Unabhängigkeit ist die Voraussetzung für diesen Job", sagt Britt. "Sonst hätte meine Escort−Agentur mich gar nicht genommen." Ihre Chefin Heike Gaumer (42) von "Actrice−Escort" legt Wert darauf, dass ihre Damen nichts für Geld tun, was sie nicht auch freiwillig tun würden. "Das heißt im Klartext: Kein Sex ohne Kondom, nie die private Telefonnummer verraten und sich nie mit dem Kunden außerhalb der Agentur−Arrangements treffen. Sonst kann alles sehr kompliziert werden", sagt sie.

Eine ihrer Damen sei mal unter Druck geraten, weil sie sich mit einem Kunden nach drei offiziellen Abenden auch privat getroffen hat. "Als sie ihn nach ein paar Dates nicht mehr sehen wollte, hat er ihr gedroht."

Er wollte ihr Doppelleben auffliegen lassen.

Alles ihrem Chef und ihrer Familie verraten. "Sie hat sich mir anvertraut", sagt Heike Gaumer, und ihre Stimme wird eine Nuance schärfer: "Ich habe das dann schnell geklärt." Sie fühlt sich eben verantwortlich für ihre Damen. Weil sie mit vielen fast so etwas wie eine Freundschaft verbindet. Und weil es um ihre Existenz geht. Sollte einer ihrer rund 100 Mitarbeiterinnen etwas passieren, könnte sie ihre Agentur schließen. "Wir haben feste Rituale, damit ich jederzeit weiß, wo meine Damen sind, wenn sie gerade jemanden begleiten. Sollte irgendetwas nicht stimmen, wird die Verabredung abgebrochen", sagt sie. "Die Herren müssen dann natürlich nicht zahlen."

Sie blickt tief in die Augen der Männer und lächelt

Britt entschuldigt sich während des Interviews in einem Hamburger Hotel kurz und durchschreitet die Eingangshalle, um in den Waschräumen ihr Make−up zu überprüfen. Sie zieht die Blicke der Männer wie magisch auf sich, auf ihre langen Beine, auf das tief ausgeschnittene Dekolleté. Sie guckt zurück, und ein feines Lächeln umspielt ihre Mundwinkel.

"Ich weiß, dass es Männern gefällt, wie ich mich anziehe", sagt sie. "Genau darum werde ich gebucht. Ich gebe ihnen das, was sie zu Hause nicht haben." Sei es, weil ihre Frauen im Alltagstrott schon länger vergessen haben, sich immer wieder für sie hübsch zu machen − oder weil sie sich zu wenig beachtet und anerkannt fühlen."

Die Männer, die Britt buchen, sind zwischen 30 und 65. Es sind gebildete, kultivierte, charmante Herren, die das Gefühl haben möchten, begehrt zu werden. Die sich amüsieren wollen und die Zeit genießen. Die reden und manchmal einfach nur kuscheln möchten. "Es ist nicht so, dass Männer immer nur das eine wollen", sagt Britt und erzählt von dem Geschäftsmann, der so viel arbeitet, dass er einfach keine Zeit hat, sich zu verlieben. Der Britt nur ab und zu mal ein oder zwei Tage bei sich haben möchte,um die Wärme eines anderen Menschen zu spüren.

Oder von dem Herrn in mittlerem Alter, der so gern in Luxusrestaurants isst, dessen Frau aber keine Lust dazu hat. "Ein Mann hat mich mal für ein Sightseeing−Wochenende in Berlin gebucht. Der wollte nur die Stadt ansehen und dabei nicht allein sein. Als wir zu zweit durch die Straßen geschlendert sind, hat er sich gefreut wie ein Schneekönig." Natürlich geht es danach oft dann doch wieder um das eine.

Aber das gehört für Britt ja auch dazu, wenn sie sich wohlfühlt. Nach solchen Erlebnissen hat Britt ihrem Freund immer viel zu erzählen. Von ihrem Wochenende in Berlin. Davon, wie sie mit dem anderen geflirtet hat, wie sie mit ihren Reizen gespielt und wie das dem anderen gefallen hat ...