Schreckliches Drama: 11-Jähriger begeht Selbstmord
Niemand weiß, warum der erst 11 Jahre alte Rico sich das Leben nahm
Für Rico und seine Familie ist es ein ganz normaler Tag. Bis zu dem einen Moment, in dem sich das Leben einer gesamten Familie schlagartig ändert.
Es ist ein Tag im Oktober, ein Tag wie jeder andere auch. Wie auch an jedem anderen Morgen zuvor kriecht der kleine Rico, kurz bevor das Haus zum Leben erwacht, zu seinen Eltern Simon und Simone ins Bett. Heute Morgen geht es seinem Vater nicht gut. Er leidet unter Migräne.
Rico kuschelt dennoch noch einige Minuten im Bett seiner Eltern und geht dann nach unten in die Küche, um den Frühstückstisch zu decken. Sein Vater lässt heute das Frühstück ausfallen. Nach dem Essen geht es für Rico in die Schule. Seine Mutter macht sich auf in die Arztpraxis, die sie in einem kleinen Schweizer Dorf zusammen mit ihrem Mann leitet. Ricos Schwestern leben unter der Woche nicht zu Hause. Sie wohnen von Montag bis Freitag in einem Internat im Tal. Die beiden Mädchen Anna (15) und Elena (14) besuchen bereits das Gymnasium.
In der Schule verbringt Rico viel Zeit mit seiner Freundin Noemi. Elena weiß, dass Noemi und Rico ein Paar sind. Die Eltern ahnen davon noch nichts. Obwohl der Junge seiner Schwester schon erzählt hat, dass es bereits zu einem ersten Kuss zwischen ihm und Noemi gekommen ist.
In der Mittagspause fährt Rico nach Hause. Die Haushaltshilfe kocht dem 11-Jährigen sein Lieblingsessen: Shrimps mit ganz viel Knoblauch. Danach geht es für Rico wieder in die Schule. Es ist 13:15 Uhr.
Hatte der Junge Schuldgefühle?
In der nächsten Pause trennt sich Noemi von Rico. Warum weiß niemand so genau. Der Junge muss allerdings etwas gesagt oder getan haben, was das junge Mädchen verletzt. In einer SMS, die die Polizei später auf Ricos Handy findet, steht: "Noemi ich weiss das ich dir sehr weh tat aber ich entschuldige mich weil es mir leid tut du musst mich nicht lieben aber ich will nicht dass du mich hasst ich liebe dich Rico." Gesendet wurde die Nachricht um 16:25 Uhr. Noemis Antwort kommt um 17:29 Uhr: "nein ich hasse dich nicht das hat ja niemand gesagt :) wir können trotzdem gute Kollegen bleiben." Zu diesem Zeitpunkt ist Rico schon tot.
Es ist 16 Uhr, als Rico die Schule verlässt. Er kauft sich beim Bäcker noch schnell ein Brötchen und macht sich dann auf den Weg nach Hause. Seine Mutter ist da. Sie reden kurz miteinander. Rico fragt seine Mutter, ob er draußen ein paar Kunststücke mit dem Fahrrad üben dürfte. Sie stimmt zu. Es ist sind die letzten Worte, die Simone mit ihrem erst elf Jahre alten Sohn wechseln wird.
Rico geht dann doch hoch in sein Zimmer. Er verschließt die Tür. Niemand ahnt, dass der kleine Junge in dieser Zeit seine Abschiedsbriefe verfasst.
Drei Stück sind es. Einer für die Mutter, einer für den Vater und einer für seine zwei Schwestern. In dem Brief an seine Mutter bittet Rico um Verzeihung. Außerdem schildert der Elfjährige ganz genau, wie er beerdigt werden möchte: in seinem blauen T-Shirt von Quecksilver. Dann macht er sich auf den Weg zum Fußballtraining.
Der Junge steigt auf ein rotes Mountainbike, das früher seiner Schwester gehörte, und fährt los. Er trifft einen Freund, dem er sagt, dass er nicht zum Fußball komme würde, weil er Kopfschmerzen habe. Ricos Weg führt ihn zu einer hohen Brücke. Er legt sein Handy oben auf die Brüstung und springt - ohne jeden Schrei. Eine Frau beobachtet den Vorfall und meldet ihn.
Rico wird gefunden. Der Junge starb am 04. Oktober 2010. Er war erst elf Jahre alt. Bis heute kennt niemand den genauen Grund für seinen Tod. Seine Eltern machen sich Vorwürfe und leiden ebenso wie seine Schwestern unter dem großen Verlust. Niemals hätten Ricos Eltern oder seine zwei Schwestern damit gerechnet, dass der fröhliche, lustige, aber manchmal auch sture elfjährige Junge mit den strahlend blauen Augen sich zu einem solchen Schritt entscheiden würde.
Erst drei Jahre nach dem Tod des Sohnes und Bruders findet die Familie die Kraft, über die Ereignisse zu sprechen. Es erscheint ein ergreifender Artikel in der WELT, an den dieser Beitrag angelehnt ist. Ricos Familie entschloss sich dazu, ihre Geschichte öffentlich zu teilen, um ebenfalls Betroffenen ihre Erfahrungen zu schildern.
Für diejenigen, die jemanden zum Reden suchen:
Wer sich selbst in einer ausweglosen Situation sieht und mit einem Unbeteiligten über diese Gefühle und Gedanken reden möchte, der kann sich an die TelefonSeelsorge wenden. Unter der Nummer 0800/111 0 111 oder unter 0800/111 0 222 ist rund um die Uhr jemand erreichbar. Jeder Anruf ist kostenfrei und wird nicht registriert. Eine andere Möglichkeit, sich einem Menschen mitzuteilen, ist der Chat der Telefonseelsorge . Die Organisation Freunde fürs Leben ist wiederum besonders für Jugendliche, die ihre Sorgen mit jemandem teilen wollen, eine gute Anlaufstelle.