Selbstgespräche: Irre? Nein, genial und gesund!

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Fast jeder tut es. Aber nur die wenigsten setzen den Dialog mit sich ganz selbstbewusst ein. Schade ...

Wer Selbstgespräche führt ist ein Genie! Denn Selbstgespräche tun uns richtig gut, das ergaben zahlreiche Studien. Wir verraten dir, wie du Selbstgespräche sogar richtig für dich einsetzen kannst.

"Interessante Selbstgespräche setzen einen klugen Partner voraus." H. G. Wells

"So kannst du nicht gewinnen, Haasi. Das geht so nicht! So nicht! Du bist zu schwach. Zu viele Fehler. Du bist ein Vollidiot. Ich hab' keinen Bock mehr ...!!!" Während einer Spielpause bei den Australian Open 2007 redete der Weltklassetennisspieler Tommy Haas laut mit sich selbst. Die Mikrofone am Rande des Spielfelds nahmen jeden Satz von ihm auf. Bis heute ist Thomas Haas' Selbstgespräch auf You-Tube zu hören und zu sehen. Ein echter Glücksfall, denn die meisten Menschen würden sich ja bei Selbstgesprächen nie erwischen lassen.

Selbstgespräche helfen dabei, Probleme zu lösen

Denn während diese Neigung bei Kindern noch als völlig normal und niedlich gilt, haben wir Erwachsene damit ein Imageproblem.

Mit sich selbst sprechende Menschen hinterlassen bei anderen schnell den Eindruck, als hätten sie eine Schraube locker. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Die amerikanische Psychologin Dolores Albarracin hält das Selbstgespräch für eines der wichtigsten Werkzeuge, um das eigene Verhalten zu steuern. So mussten ihre Probanden verschiedene kniffelige Aufgaben lösen. Die eine Gruppe wurde ausdrücklich dazu aufgefordert, Selbstgespräche zu führen; der anderen war das strikt untersagt. Das Ergebnis: Diejenigen, die ihre Handlungen kommentierten, lösten die Aufgaben deutlich erfolgreicher als die Gruppe, die am Selbstgespräch gehindert wurde.

"Es ist erwiesen, dass Gefühle und Gedanken im Selbstgespräch ein Ventil finden", so Albarracin. Und das setzt Handlungsenergien frei. Egal ob es sich dabei um Angst oder Begeisterung, Freude oder Trauer, Frustration oder Wut handelt - Selbstgespräche bauen Stress ab, mindern Aggressivität und helfen, Probleme zu lösen.

Auch Thomas Haas' "Selbst-Beschimpfung" mit anschließender Selbstermunterung, "Los jetzt! Du gewinnst das Match! Kämpfe!", verfehlte seine Wirkung nicht: Er holte den Rückstand auf und ging aus dem Spiel als Sieger hervor.

Wer seine Gedanken ausspricht, baut Stress ab

Egal, wie es auf andere wirkt - Selbstgespräche zu führen ist völlig normal.

Auch Dirk Wedekind von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Göttingen sieht darin eine Methode des lauten Denkens. "Gleichzeitig bestätigen Selbstgespräche uns Menschen darin, was wir im Inneren wissen", sagt er. "Stecken wir in einem Entscheidungsdilemma, führt der Dialog mit uns selbst oft dazu, dass wir zu guten Ergebnissen kommen. Er fördert die Konzentration und steigert die Leistungsfähigkeit."

Vor allem am Arbeitsplatz sind Selbstgespräche eine wirksame Methode gegen Zeitdruck und Überforderungsgefühle, bestätigt auch Professor Hans-Dieter Hermann von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG).

Psychologen empfehlen deshalb, regelmäßig ein "Selbstgespräch mit der Seele" zu führen. Gerade Menschen, die Probleme damit haben, ihre Impulse zu kontrollieren oder ihre Gedanken klar zu strukturieren, sollten diese Form des Denkens nutzen.

Und dabei befinden wir uns alle in guter Gesellschaft. Denn: Heimlich tun es schon 96 Prozent aller Frauen und Männer.