Heiraten

Ehevertrag: Ab wann er sittenwidrig und somit ungültig ist

Sexpflicht im Ehevertrag? Wann ein Ehevertrag sittenwidrig und ungültig ist und welche Klauseln zu Beischlaf, Haushalt und Ehebruch sinnvoll sind.

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Der Ehevertrag: Von bizarren Klauseln bis hin zur Sittenwidrigkeit

Autorin: Jenna Eatough

Grundsätzlich genießt der Ehevertrag eine große Gestaltungsfreiheit, liebende Paare können vor der Hochzeit viele Belange der Ehe vertraglich regeln – die Frequenz des ehelichen Beischlafs etwa zählt dazu.

Dennoch gelten beim Ehevertrag einige verpflichtenden Vorschriften - bereits die kleinste Inkorrektheit kann die Nichtigkeit des Vertrags zur Folge haben. Ab wann ein Ehevertrag sittenwidrig ist, erläutert hier die Rechtswissenschaftlerin Jenna Eatough.

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Sittenwidriger Ehevertrag: Was heißt sittenwidrig?

  • Die Bezeichnung „Sittenwidrigkeit“ verkörpert eine juristische Generalklausel und ist keinesfalls nur auf den Ehevertrag anwendbar; vielmehr lässt sie sich für sämtliche Formen von Rechtsgeschäften heranziehen. § 138 BGB liefert diesbezüglich den rechtlichen Rahmen und eine Definition. Hiernach ist ein sittenwidriger Vertrag ungültig, so dass dann keinerlei Ansprüche mehr durchgesetzt werden können.
  • Aus Sicht des Laien stellt sich der Begriff der Sittenwidrigkeit vielfach als ein abstraktes, schwer greifbares Gebilde dar. Bereits im 20. Jahrhundert etablierte sich eine Begriffsbestimmung, wonach Sittenwidrigkeit das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ verkörpert. Entsprechend formen Rechts- und Sozialmoral einer kulturellen Gemeinschaft bzw. eines Staates die Grundlage, wobei das, was unter den „guten Sitten“ zu verstehen ist, von Gesellschaft zu Gesellschaft divergieren kann.
  • Auf den Ehevertrag bezogen heißt dies, dass eine Sittenwidrigkeit dann gegeben ist, wenn die jeweiligen inhaltlichen Ausführungen nicht mit geltendem Recht im Einklang stehen.
  • Des Weiteren können die im Kontrakt enthaltenen Bestimmungen einzelfallbedingt dann gegen die guten Sitten verstoßen, sobald einer der beiden Vertragsparteien durch die Ausführungen des Schriftstücks unverhältnismäßig sowie einseitig einer Benachteiligung ausgesetzt wird. Dies steht generell im starken Kontrast zur ehelichen Solidargemeinschaft  und somit auch zum sittlichen Anstandsgefühl.

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Sittenwidrige Unterzeichnung des Ehevertrags

Voraussetzung für eine durch die Unterlegenheit oder Ausnutzung einer Vertragspartei begründete Sittenwidrigkeit ist die Inferiorität - also in irgendeiner Form nachteilige Stellung - eines Unterzeichnenden, welche sich sowohl psychisch als auch körperlich bemerkbar machen kann. 

Im Rahmen des Ehevertrages sind insbesondere die nachfolgenden Sachverhalte vorstellbar:

  • Geringe Bildung: Eine Partei signiert den Kontrakt, obwohl deren Wissensstand bzw. deren Bildungsniveau den Schluss zulässt, er habe die konkreten Gegenstände des Abkommens und die damit verbundenen, möglichen Folgen nicht begreifen können. Sofern sie nicht selbst dazu imstande ist, die jeweiligen Klauseln und deren Dimensionen nachzuvollziehen, hat eine anderweitige Aufklärung diesbezüglich zu erfolgen.
  • Schwangerschaft: Trägt der weibliche Vertragspartner des Ehekontraktes ein Kind in sich und steht hierdurch in einem finanziellen oder emotionalen Abhängigkeitsverhältnis zur anderen Partei, so kann indes auch eine Sittenwidrigkeit gegeben sein. In einem solchen Fall kann davon ausgegangen werden, dass die Frau derartige, für sie nachteilige Klauseln in Kauf zu nehmen und daher unterzeichnen wird. 
  • Drohungen: Auch andere monetäre, mentale oder die Existenz betreffende Interdependenzen können indes zur entsprechenden Sittenwidrigkeit führen und damit individuelle Klauseln oder sogar den Vertrag vollumfänglich nichtig machen. Ferner können Drohungen und Druckausübung gegen die guten Sitten verstoßen („ Entweder du unterzeichnest den Ehevertrag, oder ich verlasse dich“). Gemäß § 123 BGB begründen derartige Drohungen und damit verbundenes erzwungenes Verhalten im Rahmen eines Rechtsgeschäfts eine Anfechtbarkeit.
  • In der Regel führt die Sittenwidrigkeit einer einzelnen Klausel zur Nichtigkeit des vollständigen Vertrages. Bei einer Anfechtung hat aber stets eine individuelle Überprüfung aller vertraglichen Bestimmungen zu erfolgen, wobei sich die gerichtliche Auslegung dabei nicht ausschließlich auf den Buchstabensinn limitiert, sondern stattdessen auch zwischen den Zeilen liest. In diesem Rahmen wird entschieden, ob aus der Sittenwidrigkeit einer Einzelklausel die Unwirksamkeit nur dieses oder des gesamten Vertrages folgt. 

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Die grundsätzlich geltende Vertragsfreiheit kann auch eigentümliche Gestalten annehmen. So ist es bereits öfter vorgekommen, dass die Häufigkeit des ehelichen Beischlafs ihren Eingang in den Ehevertrag gefunden hat.

Prinzipiell ist eine solche Regelung des Beischlafs nicht sittenwidrig – Frequenz, Dauer sowie Ausprägung des ehelichen Verkehrs dürfen durchaus festgelegt werden. 

Doch die Durchsetzungsfähigkeit derartiger Bestimmungen bleibt diffizil: Kommt es diesbezüglich zu einem Vertragsbruch – ein Partner verweigert den vereinbarten Beischlaf -, so kann die andere Partei zwar die entsprechende Erfüllung des Kontraktes abverlangen. Allerdings ist es äußerst abwegig, dass sich der zuständige Gerichtsvollzieher an das Ehebett setzen wird, um eine Protokollierung und Auswertung des vertraglich zugesicherten ehelichen Beischlafs vorzunehmen.

Ferner bleibt eine Durchsetzung des Geschlechtsverkehrs mittels der Anwendung von Brutalität unrechtmäßig. Nein heißt nein!

Letztlich lassen sich bei Nichteinhaltung entsprechend beschlossene Vertragsstrafen nur äußert schwer durchsetzen – nicht zuletzt, da sich die tatsächliche Häufigkeit des Beischlafs nur mühsam ausmachen lässt. Als Beweismittel sind Videoaufzeichnungen und ähnliches widerrechtlich.

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Haushaltspflichten im Ehevertrag festlegen?

Etwas anders verhält es sich beispielsweise bei der entsprechenden Reglementierung und Verteilung von Haushaltspflichten. Ist der Ehegatte ein „Putzmuffel“ oder rührt in der Küche keinen Finger, so liegt der Gedanke nahe, diese Tätigkeiten vertraglich festzulegen. Dennoch: Das Nachkommen dieser Aufgaben lässt sich zwar im Allgemeinen leichter kontrollieren, doch wird auch hier der Gerichtsvollzieher seine Probleme im Rahmen der Erforschung der tatsächlichen Sachlage haben.
Strafe für Seitensprung im Ehevertrag festlegen?

Mit genug Inspiration von Hollywood und Promis vermag sich der ein oder andere womöglich zu fragen, ob denn eine Inklusion von Vertragsstrafen für den Fall eines Seitensprungs im Ehevertrag möglich ist. Im Kontrast zu vielerlei Staaten in den USA wird Fremdgehen in Deutschland seit 1996 nicht mehr mit Sanktionen geahndet. Daher gilt der Betrug nicht mehr als Scheidungsgrund.

Zur Begründung eines entsprechenden Härtefalls kommt es lediglich, wenn aus dem außerehelichen Verhältnis ein uneheliches Kind hervorgeht.  In der Regel können sich auch in Deutschland Ersatzansprüche aus entsprechenden Vertragsbrüchen ergeben. 

Des Weiteren hat man bezüglich der vertraglichen Sanktionen eine halbwegs freie Wahl, wobei aber die Höhe der Strafe nicht auf die Spitze getrieben werden, sondern sich innerhalb eines adäquaten Maßes bewegen sollte. Wird ein entsprechender Antrag vorgelegt, so kann das Gericht die Verhältnismäßigkeit der Vertragsstrafe prüfen und diese, falls erforderlich, absenken. Im Falle des Ehebruchs mangelt es insbesondere an der Schwere der Schuld im Sinne des Gesetzes, so dass Millionenbeträge als Strafe ganz sicher unangemessen sind.

Mehr zum Thema „Sittenwidrigkeit im Ehevertrag“ finden Sie unter www.scheidung.org/ehevertrag-sittenwidrig.

Kurzvita: Jenna Eatough studierte an der Universität Regensburg zunächst Rechtswissenschaften mit Abschluss der juristischen Zwischenprüfung und dann Medienwissenschaften (BA). Heute lebt sie in Berlin und ist unter anderem als freie Journalistin für verschiedene Verbände tätig.

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