Nancy Salchow: "Eine neue Liebe gab mir die Kraft, die Depression zu besiegen"
Nach dem Tod von Bruder und Mutter litt Nancy Salchow unter Depressionen und Panikattacken. Doch in der psychiatrischen Klinik wendete sich ihr Schicksal.
Nancy: Eine neue Liebe rettete sie aus der Depression
Für Nancy Salchow, geboren 1981, bricht eine Welt zusammen, als binnen kürzester Zeit sowohl ihr Zwillingsbruder als auch ihre Mutter an Krebs sterben. Geschüttelt von Panikattacken, sieht sie keinen anderen Ausweg, als sich schließlich in eine psychiatrische Klinik einweisen zu lassen.
Hier nimmt ihr Schicksal eine entscheidende Wende: Sie begegnet ihrer großen Liebe, die ihr die Kraft gibt, aus dem Burn-out und der Depression herauszufinden. Nancy beschließt, ein ganz neues Leben zu starten und verlässt ihren bisherigen Ehemann.
In einer emotional sehr schwierigen Phase das eigene Leben komplett verändern und den Ehemann verlassen, um mit einem neuen Mann ein neues Leben zu beginnen: Wie es ihr mit dieser Entscheidung ergangen ist, berichtet uns Nancy Salchow hier im Wunderweib-Interview:
"Ich versuchte verzweifelt, den Schmerz zu verdrängen"
Liebe Nancy, was war die Ursache für Ihre Depression?
Nancy Salchow: Mein Zwillingsbruder und ich standen uns sehr nahe. Als bei ihm 2010 ein unheilbarer Hirntumor diagnostiziert wurde und kurz darauf Lungenkrebs bei meiner Mutter, begannen insgesamt fast zwei Jahre, die ich in Dauersorge an Krankenbetten in vielen verschiedenen Kliniken verbrachte. Als beide dann innerhalb von vier Monaten im ersten Halbjahr 2012 starben, ließ ich die Trauer nicht wirklich zu, sondern versuchte krampfhaft, den Schmerz zu verdrängen. Das Resultat waren erste Panikattacken sowie die Diagnose Depressionen.
Wann sind Sie sich klar geworden, dass Sie Hilfe brauchen?
Nancy Salchow: Als die Panikattacken zunahmen, ging es mir schlagartig sehr schlecht. Als die verschriebenen Antidepressiva nicht sofort wirkten (was ja normal ist), ließ ich mich im Februar 2013 in eine Klinik einweisen, um während der Einstellung auf die Medikamente unter ärztlicher Aufsicht zu sein.
"In der Depressionsrunde lernte ich Bastian kennen"
Welche therapeutischen Maßnahmen haben Ihnen in der Klinik am besten geholfen?
Nancy Salchow: Die Gruppentherapien, das Erlernen neuer Rhythmen im Alltag und das Überdenken des bisherigen Lebens. Vor allem aber haben mir die Antidepressiva geholfen.
Sie haben sich trotz ihrer Krankheit in einen anderen Patienten verliebt. Wie kam die Liebe ins Spiel?
Nancy Salchow: Ich lernte Bastian in der ersten Depressionsrunde kennen, etwa anderthalb Wochen nach meiner Einweisung. Ich war sofort neugierig auf ihn und spürte diesen ganz besonderen Draht zu ihm. Der Auslöser der Depression war bei uns beiden der Verlust geliebter Menschen. Außerdem verbindet uns die große Tierliebe.
"Die Trennung von meinem Mann habe ich nie bereut"
Was hat Ihnen die Kraft gegeben, Ihren Mann zu verlassen und ganz neu anzufangen?
Nancy Salchow: Mein Mann und ich waren seit der Jugend zusammen und hatten uns schon lange in unterschiedliche Richtungen bewegt. Trotzdem wäre mir nie ernsthaft in den Sinn gekommen, ihn zu verlassen. Die Angst vor diesem Schritt war zu groß. Kurz nachdem ich die Klinik verlassen hatte - da kannte ich Bastian fünf Wochen - gestand ich ihm meine Gefühle, die in den vielen Gesprächen und gemeinsamen Spaziergängen gewachsen waren. Diese Gefühle gaben mir den Mut, mit meinem Mann zu sprechen. Bastian riet mir zwar davon ab, weil er mich für emotional zu instabil hielt und befürchtete, ich würde es später bereuen. Aber ich fand es wichtig, ehrlich zu meinem Mann zu sein. Bis heute habe ich diesen Schritt nie bereut.
Wie geht es Ihnen heute, drei Jahre später? Ist Ihre Entscheidung neu zu starten richtig gewesen?
Nancy Salchow: Ich lebe heute, auch dank Bastians Zuspruch, endlich meinen jahrzehntealten Traum, habe meinen Bürojob aufgegeben und bin hauptberufliche Autorin. Wir leben noch immer glücklich zusammen, seit zweieinhalb Jahren nun auch in unserem eigenen kleinen Häuschen auf dem Land mit Hunden, Katzen, Enten und Hühnern.
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Ihre ganze Geschichte erzählt Nancy Salchow in dem Buch „Das Leben, Zimmer 18 und du - Wie ich wieder Liebe und Hoffnung fand und meine Depression besiegte“ (Heyne, ISBN: 978-3-453-60421-6).
Für die Veröffentlichung ihrer Geschichte hat sich Nancy Salchow entschieden, weil sie anderen Menschen Mut machen möchte: „Ich möchte auch denen Mut machen, die Angst davor haben, vertraute Wege zu verlassen. Denjenigen, die den Glauben an das Schicksal verloren haben oder ihn bisher noch nie kennenlernen durften. Und denen, die die Hoffnung auf ein gutes Ende in ihrem Leben nicht mehr spüren können. Es gibt dunkle Zeiten, sehr dunkle. Heute jedoch glaube ich, dass man das ganz große Glück vor allem dann findet, wenn man vorher ganz am Boden war. Vielleicht ist man erst dann in der Lage, das wirklich Wichtige im Leben zu sehen, zu suchen und zu halten.“
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