Interview

Petra Kleinert: Jetzt redet sie Tacheles!

"Mord mit Aussicht"-Star Petra Kleinert hat im echten Leben erst lernen müssen, wie man sich durchsetzt.

Petra Kleinert
Foto: IMAGO / Stephan Wallocha
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Die Schauspielerin Petra Kleinert (56) spielt meist starke Frauen, etwa bei „Mord mit Aussicht“. Im echten Leben hat sie erst lernen müssen, sich durchzusetzen

Schon in den allerersten „Mord mit Aussicht“-Folgen war sie zu sehen: Petra Kleinert in der Rolle der Heike Schäffer – damals noch als Ehefrau von Polizist Dietmar Schäffer, gespielt von Bjarne Mädel (55). Nach drei Staffeln und einer langen Pause von 2014 bis 2022 kehrte die erfolgreiche Serie ins TV-Programm zurück, die vierte Staffel ist noch in der ARD-Mediathek zu sehen.

Heike Schäffer hat sich verändert, ist ernster geworden – und auch bei Petra Kleinert hat sich einiges getan. Im Interview mit der Zeitschrift "tina" spricht sie darüber, wie sie sich selbst weiterentwickelt hat, warum es wichtig ist, zu der eigenen Meinung zu stehen, und weshalb sie heute nicht mehr so harmoniesüchtig ist wie früher.

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Petra Kleinert: „Ein kluger Mann weiß, wann er am besten schweigt.“

Die meisten Zuschauer kennen Sie als starke Frau aus Ihren TV-Rollen. Wie wichtig ist Ihnen Emanzipation in einer Beziehung?

Ich finde es wichtig, dass Männer und Frauen bei aller Emanzipation trotzdem unterschiedlich sind, sonst wäre es ja langweilig und auch nicht lustig. Mein weiser Mann sagt immer „Ein kluger Mann weiß, wann er am besten schweigt.“ Da hat er völlig recht, aber ich finde, das gilt auch für die Frau.

Können Sie im Leben auch schon mal sagen, wo’s langgeht, wenn nötig?

Wenn’s mir zu bunt wird, sage ich auch schon mal:,Jetzt reicht’s aber! Geht’s noch?` Das ist ja das Schöne am Älterwerden, dass ich einfach mal Tacheles reden kann. Das heißt natürlich nicht, dass ich mich im Ton vergreife. Aber ich habe anschließend kein schlechtes Gewissen mehr, so wie früher. Da war das schon ein Problem. Heike hat dieses Problem allerdings definitiv nicht (lacht).

Petra Kleinert: „Ich war harmoniesüchtig bis zum Blödwerden.“

Mussten Sie wie viele Frauen auch erst lernen, zu Ihren Bedürfnissen zu stehen? Haben Sie auch immer versucht, es allen recht zu machen?

Absolut! Ich war harmoniesüchtig bis zum Blödwerden. Aber ich habe mich in den letzten sechs oder sieben Jahren verändert. Inzwischen lasse ich meinen Ärger oder meine Kritik an der richtigen Stelle raus. Und danach ist es dann auch gut. Erst neulich hatte ich wieder die Situation, wo es nötig war, Tacheles zu reden.

Ich hatte einen Produktionsleiter, der sich um nichts gekümmert hat, und ich musste es anschließend ausbaden und meine Kraft und meine Zeit opfern. Und da habe ich ihm dann ganz klar gesagt, wie ich das alles finde. Daraufhin kam der Aufnahmeleiter-Assistent zu mir und meinte: „Petra, kann ich dir irgendwas Gutes tun?“, weil er dachte, ich hätte mich wahnsinnig aufgeregt.

Aber ich habe nur ganz ruhig zu ihm gesagt: „Nein, es ist alles genau da, wo es hingehört“. Da wurde er kurz nachdenklich, er war so um die 30, und meinte, er würde sich auch gern so wehren können wie ich, und da habe ich zu ihm gesagt: „Ich habe über 50 Jahre gebraucht, um das zu können.“

Petra Kleinert: „Mir ist egal, was andere über mich denken.“

Apropos Harmonie. Aus dem TV kennt man Sie als sehr forsch und direkt. Wird man mit der Zeit auch privat ein bisschen so?

Wenn ich eine Rolle spiele, bin ich in der Zeit auch selbst ein bisschen so. Das bleibt nicht aus. Neulich habe ich zum Beispiel bei der „SOKO Leipzig“ eine Frau gespielt, die sich die Butter nicht vom Brot nehmen lässt. Was natürlich ziemlich gut ist, wenn man gerade in Produktionsverhandlungen steckt.

Aber ich habe auch schon ganz andere Figuren gespielt, etwa in einer Serie für ProSieben, da war ich eine sehr naive Frau. Ich bin auch selbst in vielen Dingen sehr naiv. Aber mir ist egal, was andere über mich denken. In Deutschland wird man ohnehin permanent in irgendwelche Schubladen gesteckt, aber ich muss das ja nicht mitmachen.

Nach „Mord mit Aussicht“ hatte ich unfassbar viele Angebote, die alle in die gleiche Richtung gingen. Das ging so weit, dass die Kostümbildner mich am liebsten genauso angezogen hätten wie Heike Schäffer.

Petra Kleinert: „Es sind Kleinigkeiten, die das Leben lebenswert machen.“

Und wie machen Sie sich das Leben schön, wenn Sie Zeit dazu haben?

Im Moment durch Kleinigkeiten, zum Beispiel dass ich mal rausfahre, Freunde treffe, ein gutes Essen oder ein schönes Glas Wein genieße oder einen schönen Film gucke. Ich finde sowieso, dass es die Kleinigkeiten sind, die das Leben lebenswert machen. Man sollte immer den Moment genießen und nicht immer alles auf später verschieben.

Auch Arbeitszeit ist Lebenszeit. Ich kann ja nicht immer erst darauf warten, bis ich Drehschluss habe. Sonst wäre diese Zeit ja verlorene Zeit, und das wäre doch schade. Es sind wirklich die Momente, wo mir jemand zulächelt oder einen Witz erzählt, über den ich mich kaputtlachen könnte, oder wo ich mich gut unterhalte. Aber gutes Essen gehört definitiv auch dazu.

Sie und Ihr Mann sind ein sehr sympathisches Paar. Können Sie sich ein Leben ohne ihn überhaupt noch vorstellen?

Absolut nicht, es war ein riesengroßes Geschenk des Universums für meinen Mann und mich, dass wir einander getroffen haben. Das ist das größte Glück meines Lebens. Und mein Mann sieht das ganz genauso.

Ist es ab einem gewissen Alter schwer, einen Lebenspartner zu finden, der zu einem passt?

Schon, wobei ich viele Frauen in meinem Alter kenne, die ähnliche Geschichten erlebt haben. Die sich auch nach langen Beziehungen getrennt haben und nicht mehr so leben wollten. Genau wie ich damals nach der Trennung von meinem langjährigen Freund.

Die sich auch die Frage gestellt haben, wie will ich eigentlich leben? Und dann wie ich auf einmal das ganz große Glück gefunden haben mit einem Menschen, mit dem sie im Gleichklang sind. Insofern glaube ich schon, dass es das immer häufiger gibt. In der zweiten Lebenshälfte geht oft noch mal ein zweites Leben los.

Petra Kleinert: „Das Alter ist für mich nur eine Zahl.“

Sie sind im vergangenen Sommer 56 geworden. War das etwas, worüber Sie sich Gedanken gemacht haben?

Älter werden für einen selbst ja immer nur die anderen. Eigentlich gar nicht, selbst der 50. Geburtstag war für mich völlig unspektakulär, obwohl ich auch da bereits gefragt wurde, wie ich mich damit fühle. Das Alter ist für mich einfach eine Zahl. Mir ist es wichtig, lange gut leben zu können.

Aber ich lebe so intensiv und bin so glücklich, dass ich sagen kann, wenn es jetzt vorbei wäre, dann wäre es eben so. Dann kann ich wenigstens sagen, dass ich alles gemacht habe, was ich wollte beziehungsweise was möglich war, und nicht darauf gewartet habe, dass ich das irgendwann mal machen kann.

Denn viele Menschen verschieben ja alles auf später und sagen, das mache ich dann und dann, weil sie einfach nicht in der Gegenwart leben. Dabei ist es so wichtig, die Dinge dann zu tun, wenn man möchte, denn wer weiß schon, was später ist? Und da heißt es dann immer:,Hätte ich doch mal!’, und das ist furchtbar.

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Artikelbild und Social Media: IMAGO / Stephan Wallocha