Leidenschaft wecken: Was tun, wenn der Mann sich beim Sex nur noch bedienen lässt?
Immer darf ich meinen Mann verwöhnen, aber er ist beim Sex so richtig einfallslos – wie können wir das ändern? Wenn die Leidenschaft in der Beziehung erkaltet ist.
Es spricht nichts dagegen, den Mann im Bett mal nach allen Regeln der Kunst zu verwöhnen. Tatsächlich genießen es viele Männer, wenn sie sich dem Sex einfach mal hingeben können, statt ständig den souveränen Macher geben zu müssen. Anfangs mag es dabei für die Frau ja noch ganz reizvoll sein, sich auf ihm zu holen, wonach einem ist. Doch was soll sie tun, wenn er gar nicht mehr aus dem Quark kommt und sich einfach nur noch sexuell bedienen lässt?
Ständig den gestaltenden Part zu übernehmen, verliert schließlich doch irgendwann seinen Reiz. Vor allem, wenn man sich zu den Frauen zählt, die auch ganz gern mal ein bisschen rangenommen werden, um seine Männlichkeit und Stärke auch im Bett zu spüren.
So kann seine Leidenschaft (wieder) geweckt werden
Wir haben mit der Ärztin und Sexualtherapeutin Carla Thiele gesprochen, welche Empfehlung sie für Frauen mit sexuell zurückhaltenden Männern hat. Die gute Nachricht gleich vorweg: Da kann man was machen! Wie und was erfahren Sie hier.
Einfallslos oder Genießer?
Bevor wir den Mann als Langweiler im Bett abstempeln, sei es zunächst wichtig zu unterscheiden: „Ist der Mann wirklich einfallslos oder findet er es einfach toll, wenn sie sich holt, was sie möchte? Das wäre dann nicht unbedingt passiv im negativen Sinne. Es kann ja sein, dass er es total erregend findet, wenn sie den Ton angibt“. Dann wäre es aus seiner Sicht optimal, wenn sie vor allem auf ihre eigene Befriedigung achtet und weniger auf seine. Allein das macht ihn vielleicht schon heiß.
Wenn die Frau den möglicherweise aufkommenden Gedanken ablegt, dass ihr Sexualverhalten in diesem Fall egoistisch sei, kann sie ihr persönliches Lieblingsprogramm also einfach durchziehen. „Das kann sie ganz relaxed sehen, im Sinne der eigenen Entspannung“ erklärt Sexualtherapeutin Thiele. „Bei der Selbstbefriedigung profitieren wir ja auch davon, dass wir entsprechend zielstrebig vorgehen und genau das machen, was uns zum Orgasmus bringt. Außerdem ist jeder auch im Bett mal faul. Solange das nicht ständig der Fall ist, ist das total normal.“
Ängstlich oder unerfahren?
Scheint ihm jedoch wirklich nichts anderes einzufallen, als sich ihrem Programm hinzugeben, läge auch die Vermutung nahe, dass er tatsächlich unerfahren ist . Er könnte allerdings auch ängstlich sein, etwas Neues auszuprobieren. Oder beides! Das gibt es auch bei Männern über 30, denen nicht immer zu Recht viel Erfahrung unterstellt wird und die bei weitem sexuell gesehen nicht immer so souverän sind, wie sie selber es gern wären.
Fragen Sie also nach, wie er es findet, wenn Sie auf ihm richtig abgehen. Vielleicht sind Sie überrascht, wie aktiv seine Gedanken und Gefühle sind im Vergleich zu seinem vor allem empfangenden Körper.
Lässt er vorsichtig Unsicherheit durchblicken, gibt es andere Möglichkeiten, ihm auf die Sprünge zu helfen. Dazu gleich.
Wissen Sie, was Sie wollen?
Ein Problem liegt auch darin, so die Sexualtherapeutin, „dass viele Frauen nicht genau wissen, was sie selber wollen und mögen. Dann ist es gemein, dem Mann den Ball zuzuspielen und ihn rumprobieren zu lassen. Er kann ja nicht wissen, was sie an dem Tag für ein Bedürfnis hat oder was genau sie erregt . Aber die Frau weiß es. Weil sie entweder darin erfahren ist oder weil sie eine sexuelle Fantasie hat, die sie gern mit ihm ausprobieren würde. Und wenn er von alle dem noch nicht weiß, muss sie es ihn wissen lassen.“ Ohne Sprache geht es hier also nicht. Und ganz nonverbal nur für Geübte.
„Darauf hab ich heute Lust ...“
Keine eigenen Ideen fürs Bett?
Sogar selbstbewusste Menschen zieren sich etwas, wenn sie über ihre sexuellen Wünsche mit ihrem Partner sprechen sollen. Doch „irgendwann muss man es mal direkt sagen: Darauf hab ich heute Lust...“ betont Dr. Thiele. „Und wenn man nicht weiß, was man will, kann man ruhig mal einen Ratgeber kaufen. Zum Beispiel „Der perfekte Liebhaber“ und „Die perfekte Liebhaberin“. Für jeden eins. Denn ein gutes Buch über sexuelle Praktiken könne wie eine Art neutraler Dritter sein, der einem etwas vorschlägt.
Den richtigen Ton finden!
„Prinzipiell ist es so, dass der andere nur so gut sein kann, wie ich mich mitgeteilt habe.“ erklärt Thiele. Möchten Sie gegenseitig sexuelle Wünsche kommunizieren, ist jedoch Sensibilität gefragt. Die Ärztin empfiehlt Formulierungen in der Wir-Form und im Sinne von „Lass uns doch mal ausprobieren, ob das was für uns ist.“ Denn es macht einen Unterschied, ob wir dem anderen sagen: „Kannst du mir dabei nicht mal in die Augen gucken?“ oder ob wir ihn einladen: „Ich hab gelesen, dass die Lotusstellung ganz intensiv für beide sein soll. Wollen WIR die mal zusammen ausprobieren?“ So außergewöhnlich seien die Wünsche der meisten Menschen letztlich nicht, als das beide sie sich nicht doch eines Tages mitteilen könnten. Und wer sich auf eine Abbildung im Buch bezieht, muss nicht gleich die eigene Fantasie preisgeben. Eine kleine Brücke, die das Gespräch erleichtert. Auch wenn es etwas Old-School klingt, haben sich Bücher hier bewährt.
Druck rausnehmen!
Zu bedenken gibt die Expertin, dass Frauen sich von der Idee freimachen sollten, dem Mann den aktiven Part zu geben, damit er sich als guter Liebhaber fühlen kann. Wenn sie Spaß beim Sex haben will, liegt es nämlich auch bei ihr, dass sie den Sex in die Richtung lenkt, in der er ihr gefällt. „Vorerfahrung hilft dabei“ erklärt Thiele. Es sei jedoch auch wichtig, sich immer wieder neu auf den Partner einzustellen. Denn was mit dem einen geklappt hat, geht vielleicht mit dem nächsten doch etwas anders. Sich aufeinander einzustellen ist deshalb ganz wichtig. Dazu gehört auch, dass beide eine sexuelle Sprache finden, mit der sie sich ihre Bedürfnisse gut mitteilen können. Auch mitten im Sex.
„Sex muss nicht immer spannend sein!“
Nachdem es ein Paar anfangs vielleicht in aufreizenden Klamotten, in verschiedenen Positionen und an unterschiedlichen Orten gemacht hat, läuft es doch bei den meisten irgendwann auf wenige bewährte Orte und Stellungen hinaus. In der Phase sei es „hilfreich, sich selber etwas den Druck rauszunehmen, dass Sex immer spannend sein muss. Das Wichtigste ist“, so die Sexualtherapeutin, „dass man bei sich ist und das Miteinander genießt. Den besten Sex, bei dem wir maximal erregt sind und optimal aussehen, haben wir sowieso nur in der Fantasie.“ Gleichbleibender Sex ist außerdem in einer Hinsicht nicht schlecht - er führt zuverlässig zum Ziel: Begegnung und Entspannung!
Wenn alles nichts hilft!?
Liegt ihnen der Mann sehr am Herzen, läuft es jedoch trotz liebevoller und gemeinsamer „Nachhilfe“ in Sachen Sex nicht gut, ist eine Sexualberatung oder Paartherapie ein Versuch Wert. Wenn die Bedeutung von Sexualität jedoch für beide zu unterschiedlich ist, wird die Beziehung nicht funktionieren, weiß die erfahrene Sexualtherapeutin. Wenn Sie nicht sexuell total frustriert werden wollen, müssen Sie anerkennen, dass Ihnen beim Sex nun mal Geben UND Nehmen sehr wichtig sind und sich trennen . So bitter es ist.
Oder positiv gedacht: Mit dem Nächsten kann dann wieder die Post abgehen!
Autorin: Marthe Kniep
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Bücher zum Weiterlesen:
Guter Sex ohne Stress von Carla Thiele (Ullstein)
„Der perfekte Liebhaber“ und „Die perfekte Liebhaberin“ von Lou Paget (Randomhouse)
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