Pssst! Ich such was Neues: Die Kunst des dezenten Wegbewerbens

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So bewerben Sie sich sicher aus ihrem vorhandenen Job raus

Sie sind besser als Ihr aktueller Job? Dann sollten Sie das hier lesen! Es geht um heimliche Telefonate, Vorstellungsgespräche in der Mittagspause und die Kunst des dezenten Wegbewerbens.

Ich will ein eigenes Stellengesuch aufgeben. Kann das zur Falle werden?

Nicht, wenn Sie es richtig verschlüsseln. Das geht laut Bewerbungsberaterin Ingrid Bergmayr so:
1.) Statt der eigenen Telefonnummer eine anonyme Chiffre-Nummer angeben.
2.) Den Job wie zum Beispiel "Diplomierte Grafik-Designerin" oder "Physiotherapeutin" nennen, aber Ihren jetzigen Arbeitgeber erst mal verschweigen. Für den Anfang muss die Branche reichen.

Ich kann meinen Lebenslauf nicht zu Hause ausdrucken. Darf ich das im Büro?

Nein, nein und nochmals nein. Selbst wenn Sie sofort zum Drucker rennen, kann immer ein Kollege schneller sein. Opfern Sie lieber Ihre Mittagspause und gehen Sie in einen Copyshop.
In der Firmenpost hat die fertige Bewerbung übrigens auch nichts zu suchen. Das kann nicht nur im eigenen Betrieb auffliegen, sondern macht auch in der neuen Firma einen schlechten Eindruck. Nach dem Motto: Aha, da verpulvert jemand gern fremdes Geld für private Zwecke.

Der, bei dem ich mich bewerbe, kennt meinen Chef. Wie vermeide ich, dass er ihn informiert?

Indem Sie gar nicht erst verraten, wer Ihr Chef ist. "Es ist durchaus legitim, nicht preiszugeben, in welcher Firma man arbeitet, wenn man noch nicht gekündigt hat", so Bergmayr. Legen Sie, z. B. als Grafiker, Ihrer Bewerbung Arbeitsproben bei, lässt sich diese Hürde allerdings nicht umgehen. (Das gilt oft auch für ein späteres Vorstellungsgespräch.) Bitten Sie dann höflich um Diskretion.

Neben mir steht ein Kollege, und mein Handy klingelt. Wie verhalte ich mich?

Gehen Sie auf jeden Fall dran. Und sagen Sie möglichst unaufgeregt, dass es im Augenblick ungünstig ist. Lassen Sie sich Telefonnummer und Zeitpunkt für einen Rückruf geben, ohne den Namen des Gesprächspartners zu nennen.
Die schlechtere Alternative: mit dem Handy und einem "Moment bitte" aus dem Raum zu rennen. Und darauf zu hoffen, dass Sie sich in ein leeres Zimmer, z. B. den Konferenzraum, zurückziehen können. Klappt das nicht, müssen Sie das Gespräch im Flur eben vertagen - und sich für den Kollegen schnell eine gute Ausrede ausdenken.

Meine Kollegin ist auch meine Freundin. Darf ich sie einweihen?

Wenn Sie auch nur den Hauch eines Verdachts haben, sie könnte die Sache ausplaudern: nein. Hat sie schon mal bewiesen, dass Sie ihr vertrauen können, sprechen Sie mit ihr - aber nur außerhalb des Büros.
So schwer es auch sein mag: Am besten weihen Sie in Ihrer Firma NIEMANDEN ein.

Zeit für ein Vorstellungsgespräch. Nur wann und wo?

Grundregel: nie während der Arbeitszeit! Können Sie den Termin nicht in die Mittagspause oder nach Feierabend legen, nehmen Sie sich einen halben Tag frei. Einfach blau zu machen ist ganz schlechter Stil.
In Sachen Locationwahl spricht einiges für die neue Firma - schließlich wollen sich beide Seiten ein Bild voneinander machen. "Dazu gehört auch, dass Sie die Firmenräume kennen lernen", so Ingrid Bergmayr. Einziges Risiko: Wenn Sie da ein Bekannter sieht, fällt es schwer, sich herauszureden. Verabreden Sie sich am besten an einem neutralen Ort. Aber überlegen Sie genau, welches Café Sie aussuchen. Tabu sind alle Locations in Firmennähe, Ihre Stammlokale - und auch Zeiten, an denen viel los ist und zufällig ein Bekannter Ihren Weg kreuzen könnte.

Jemand sieht mich mit meinem potenziellen neuen Chef. Was nun?

Freundlich grüßen. Danach den Mund halten und Gras drüber wachsen lassen. Spricht dieser "Jemand" Sie trotzdem irgendwann darauf an, keine große Sache daraus machen. Statt sich ausgiebig zu rechtfertigen, ist es geschickter, das Treffen mit einem lapidaren "Ach, wir kennen uns aus einem Seminar" abzutun. Und dann zu hoffen, dass Ihr Beobachter das schluckt.

In der Firma macht das Gerücht die Runde, dass ich mich wegbewerbe. Wie reagiere ich?

Lügen Sie, ohne rot zu werden. Denn bekommt Ihr Chef das Gefühl, dass an dem Gerücht was dran ist, kann das die Stimmung ganz schön vermiesen. Zur Beruhigung: Rein rechtlich kann Ihnen so oder so nichts passieren. "Jeder darf sich so viel bewerben, wie er möchte", sagt Silke Ruttkamp, Anwältin für Arbeitsrecht, "das ist kein Grund für eine Abmahnung." Geschweige denn für die Kündigung. Verzichten Sie aber in jedem Fall darauf, sich ein Zwischenzeugnis ausstellen zu lassen. Denn das braucht wirklich nur jemand, der einen neuen Job sucht.

Ich will kündigen. Wie sicher muss der neue Job sein?

Kündigen Sie erst, wenn Sie den Vertrag in der Tasche haben - und zwar schriftlich. Denn obwohl auch ein mündlich vereinbarter Vertrag gültig ist, lassen sich solche Absprachen nur schwer beweisen.

Ich kann meine Kündigungsfrist nicht einhalten. Was soll ich tun?

Erklären Sie Ihrem Noch-Chef das Problem. Vielleicht findet sich ja eine Lösung für die Übergangszeit. Und wenn es hart auf hart kommt: Was soll Ihr Chef machen? Sie an Ihren Bürostuhl fesseln? Um Sie auf Schadenersatz zu verklagen, muss er beweisen, dass ein Schaden entsteht, wenn Sie nicht mehr zur Arbeit kommen. Schwierig, wenn sich auf seinem Schreibtisch schon die Bewerbungen stapeln... Ausnahme: "In Ihrem Vertrag steht eine Strafe auf Vertragsbruch", so Ruttkamp.

Zeit fürs letzte Gespräch. Wie lege ich einen charmanten Abgang hin?

Selbst wenn Sie Ihren Chef am liebsten nie wiedersehen würden: Behalten Sie es für sich. "Heben Sie im Kündigungsgespräch die Vorzüge Ihrer bisherigen Arbeit heraus und das, was sie Ihnen gebracht hat", sagt Ingrid Bergmayr. Und bei den Gründen für den Jobwechsel bleiben Sie lieber ganz allgemein bei den Möglichkeiten, die der neue Job Ihnen bietet. Dreckige Wäsche waschen Sie besser zu Hause.

Ich habe den neuen Vertrag schon unterschrieben, doch mein bisheriger Chef macht mir ein tolles Gegenangebot. Was mache ich?

Wenn Sie's annehmen wollen: fair bleiben und in der neuen Firma sofort Bescheid sagen. Kann sein, dass Ihr neuer Chef sauer wird. Kann aber auch sein, dass er Sie versteht: weil sich in Ihrer alten Firma Möglichkeiten auftun, mit denen Sie nicht gerechnet haben. Eine Klage müssen Sie auch hier nicht fürchten:
1.) Viel zu teuer.
2.) Wer will schon mit jemandem zusammenarbeiten, der es sich bereits wieder anders überlegt hat?
Und 3.) braucht Ihr neuer Arbeitgeber bestimmt nur in seine Schublade zu fassen - um jemand anderen herauszugreifen, der sich heimlich wegbewirbt.