Selbstversuch Niksen: Wie gut bin ich eigentlich im Nichtstun?
Einfach mal nichts tun – für unsere Redakteurin ist das alles anderes als einfach. Ein Selbstversuch im Niksen und wie es sich anfühlt, mit Ansage innezuhalten.
Wie gut bin ich eigentlich im Nichtstun? Meine direkte Antwort müsste wahrscheinlich lauten: gar nicht gut. In Stille zu sitzen oder zu liegen, im Moment ruhig zu verweilen, kurzum einfach mal die Seele baumeln zu lassen, fällt mir meistens schwer. Wenn ich gerade einmal wirklich nichts Produktives tue oder auch nichts tue, um mich zu beschäftigen, fühle ich mich entweder schon in dem Moment nicht so richtig wohl oder das negative Gefühl holt mich hinterher schnell ein.
Ich weiß aber, dass mir ein bisschen mehr Stille und Entspannung guttun würden. Denn wenn ich mich doch mal dazu hinreißen lasse und einfach nur mal ganz in Ruhe auf der Couch liege, ohne dass ich irgendwelche Dinge parallel tue – wie zum Beispiel endlos auf Pinterest zu scrollen, schnell noch eine Whatsapp-Nachricht zu beantworten oder aber meinen nächsten Sportkurs zu buchen – dann fühle ich mich danach erholt und muss dazu nicht einmal schlafen. Mein Problem: Ich nehme mir zu selten die Zeit und den Raum dafür. Aber was wäre, wenn ich das lernen könnte?
Glück für mich: In den Studios von David Lloyd Meridian kann man seit diesem Jahr an Niksen-Kursen teilnehmen und ich habe mir gedacht, dass ich das mal ausprobieren möchte.
„Niksen“ ist ein Begriff aus dem Niederländischen und leitet sich von dem Wort „niks“ ab, das auf Deutsch übersetzt „nichts“ bedeutet. Genau genommen besucht man also einen Kurs, in dem man nichts tut. Klingt erst einmal komisch. Warum das trotzdem eine gute Idee ist, hat mir mein Test gezeigt.
Wenn es für das Nichtstun einen festen Termin gibt
Bequeme Kleidung, Sportmatte, Tee – das Setting für eine Stunde Niksen erinnert zunächst einmal an einen Yogakurs. Doch damit hören die Ähnlichkeiten dann auch schon auf.
Zu Beginn gibt es eine kurze Einleitung in die Praxis des Niksens. Erlaubt ist, was gefällt und zur Entspannung beiträgt – ein wichtiges Motto. Wer lieber im Fensterrahmen sitzen und sich die Sonne ins Gesicht scheinen lassen möchte, kann das tun, wer gerne ein bisschen malen und dabei im Moment verweilen möchte, ist herzlich dazu eingeladen. Man kann sich auch einfach in eine Decke einhüllen und entspannt die Augen schließen. Anders als beim Meditieren ist es nicht schlimm und sogar eher gewollt, dass die Gedanken abschweifen.
Es gibt ein bisschen Musik oder einleitende Worte zum Einstieg, die aber irgendwann verstummen. Dann ist es still.
In einer Stunde Niksen machen wir drei Einheiten mit kurzen Unterbrechungen dazwischen. Wer möchte, kann während dieser seine Erfahrungen und Gefühle kurz teilen, das ist aber kein Muss.
Mir persönlich fällt es beim ersten Anlauf noch etwas schwer, reinzukommen und mich richtig wohlzufühlen. Von Mal zu Mal wird es aber einfacher und am Ende fühle ich mich wirklich ruhiger und bin froh, dass ich mir diese Zeit und den Raum genommen habe. Diesen Effekt möchte ich wieder spüren.
Und wie läuft es jetzt mit dem Niksen im Alltag?
Zugegeben, es wäre gelogen, wenn ich hier jetzt schreiben würde, dass ich jeden Tag mehrere Minuten dafür blocke, meiner Praxis des Nichtstuns nachzugehen. Aber immerhin hat das Niksen einen Platz in meinem Leben gefunden – wenn auch keinen alltäglichen – und ich bin seit dem Kurs offener für die Idee, einfach mal ruhig zu verweilen. Insbesondere an Tagen, an denen ich das Gefühl habe, dass mir alles einfach ein bisschen zu viel wird und ich nicht weiß, womit ich als erstes anfangen soll, können schon wenige Minuten eine wahre Wohltat für mich sein.
Es kann so eine Kleinigkeit sein, wie in der U-Bahn einfach mal nicht das Smartphone in die Hand zu nehmen und einfach meine Gedanken schweifen zu lassen. Dass das geht und gar nicht wehtut, musste ich auch lernen, aber seien wir ehrlich, ein bisschen weniger Bildschirmzeit würde uns vermutlich sowieso allen guttun. Mir hilft es mehr, als ich zunächst gedacht hätte, wenn ich die Zeit in der Bahn nicht auch noch als Zeitspanne begreife, aus der ich möglichst viel herausholen muss.
Am besten bekommt es mir aber tatsächlich, wenn ich mich einfach für ein paar Minuten hinlege, um mich herum Stille ist und ich die Augen schließe. Musik, so habe ich festgestellt, lenkt mich persönlich ab. Dabei habe ich dann kein Ziel: Ich will nicht schlafen. Ich will nicht meditieren. Ich will eigentlich auf nichts besonders achten müssen. Einfach loslassen, ohne schlechtes Gewissen. Fünf Minuten bringen mir schon etwas. Wenn ich noch mehr Zeit habe, ist das natürlich ein toller Bonus.
Das bedeutet keineswegs, dass ich jetzt das Geheimrezept gegen Stress gefunden habe, nie genervt oder ungeduldig bin, aber ich bin fest davon überzeugt, dass ich das Niksen noch besser lernen kann und mir damit etwas Gutes tue. Das Beste: Wie genau das Niksen für mich aussieht, bestimme ich selbst.