Wichtiges Urteil für Sparer*innen: Strafzinsen sind unzulässig – Berliner Bank muss Verwahrentgelt zurückzahlen
Das Landgericht Berlin hält die Strafzinsen, die die Sparda-Bank Berlin auf Sparbeträge erhebt, für unzulässig. Ist das Urteil erst der Anfang und tausende Sparer*innen in Deutschland können auf Rückzahlungen hoffen?
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Jeder, der Geld auf der Bank liegen hat, sollte dieses Urteil mit Neugier verfolgen: Das Landgericht Bericht hat festgelegt, dass die Sparda-Bank Berlin in Zukunft keine Strafzinsen für Giro- und Tagesgeldkonten mehr verlangen darf. Bisher erhobene Negativzinsen muss das Kreditinstitut an seine Kundinnen und Kunden zurückzahlen.
Strafzinsen: Unangemessener Nachteil für Verbraucher*innen
Hunderte Banken und Sparkassen in Deutschland verlangen inzwischen ein so genanntes Verwahrungsentgelt, wenn Verbraucher*innen höhere Geldbeträge auf Giro- und Tagesgeldkonten haben. Im Endeffekt zahlen Sparer*innen also Strafzinsen – auch Minuszinsen genannt – auf das Geld, das sie zur Seite legen.
Klar, dass dieses Vorgehen vor allem von Verbraucherschutzverbänden als rechtswidrig kritisiert wird. Das aktuelle Urteil aus Berlin ist deswegen wichtig.
Wie das "Handelsblatt" online berichtet, entschied das Landgericht Berlin, dass das Verwahrungsentgelt der Sparda-Bank Berlin unzulässig sei. Die erhobenen Minuszinsen bei Girokonten ließen sich nicht "mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung" vereinbaren (Az. 16 O 43/21). "Die Klausel benachteiligt den Verbraucher daher unangemessen", erklärten die Richter*innen aus Berlin. Gleiches gelte für Minuszinsen auf Tagesgeldkonten.
Bank muss Geld zurückzahlen
Die Sparda-Bank Berlin verlangt seit rund einem Jahr ein "Entgelt für die Verwahrung von Einlagen" von neuen Kundinnen und Kunden mit Giro- oder Tagesgeldkonten. Bei den Girokonten fallen bisher jährlich (p.a.) 0,5 Prozent Negativzinsen ab einem Freibetrag von 25.000 Euro an. Bei Tagesgeldkonten ist der Freibetrag 50.000 Euro beim gleichen Minuszinssatz. Abgerechnet wird pro Quartal.
Das Landgericht Berlin legte in seinem Urteil fest, dass die Sparda-Bank Berlin die bisher erhobenen Strafzinsen "auf eigene Kosten zurückzahlen" müsse.
Das Kreditinstitut hat bereits angekündigt Berufung gegen das Urteil einzulegen.
Verbraucherzentrale feiert das Urteil
Vor dem Landgericht Berlin geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) im Juni 2021. Vorstand Klaus Müller kommentierte den aktuellen Rechtsspruch mit großer Freude: "Das Urteil ist der bislang weitreichendste Richterspruch zum Thema Verwahrentgelte."
Ingesamt fünf Klagen hat der VZBV in Zusammenhang mit Minuszinsen eingereicht. "Wir wollen mit unseren Klagen für Rechtssicherheit sorgen und die Zulässigkeit von Verwahrentgelten im Interesse aller Verbraucherinnen und Verbraucher möglichst breitgefächert gerichtlich klären lassen", so Müller.
Negativzinsen: Der Streit um das Verwahrungsentgelt
Das Vergleichsportal Verixov hat vor einigen Monaten analysiert, wie viele Banken und Sparkassen in Deutschland inzwischen Negativzinsen berechnen. Die Zahlen erschrecken.
Demnach verlangen 413 Geldhäuser Verwahrungsentgelte. Mindestens 135 davon schon ab einem Betrag von 50.000 Euro oder weniger. Besonders krass: Bei einigen Banken und Sparkassen werden Sparer*innen schon ab 5.000 Euro zur Kasse gebeten. Dazu gehören:
Degussa Bank
Raiffeisenbank Augsburger Land West
Volksbank Bochum-Witten
Volksbank Bühl
Ende 2020 hatten nur 178 Bankhäuser in Deutschland Strafzinsen berechnet, also 235 weniger. "Negativzinsen sind längst zum Massenphänomen geworden", kommentiert Oliver Maier von Verivox die Ergebnisse laut "t-online".
Doch woher kommen Strafzinsen überhaupt? Immerhin war es früher so, dass man Zinsen auf Gespartes bekam, nicht zahlen musste. Das Geld wurde also mehr und nicht weniger. Kurz gesagt sind Negativzinsen eine Art Zahlungsausgleich. Die Banken wälzen eigene Kosten auf ihre Kundinnen und Kunden ab. Sie selbst müssen nämlich 0,5 Prozent Zinsen auf Einlagen zahlen, die sie bei der Europäischen Zentralbank (EZB) haben. Pikant ist dabei, dass 13 Geldinstitute laut Verivox 0,55 Prozent bis 1 Prozent von Verbraucher*innen fordern – also mehr, als sie der EZB zahlen.
Strafzinsen bald Geschichte? Hoffnung für Sparer*innen
Das Urteil aus Berlin ist sicherlich noch kein Sieg gegen Verwahrungsentgelte generell. Ein Signal ist es aber allemal. Vor allem bringt es Unsicherheiten für die Banken und Sparkassen mit sich.
"Das Berliner Urteil dürfte weit über die Stadtgrenzen hinaus Beachtung finden", ist sich Oliver Maier sicher. "Denn bei dem Rechtsstreit steht für die deutschen Banken und Sparkassen viel auf dem Spiel. Sollten die nachfolgenden Instanzen die Entscheidung der Berliner Richter bestätigen, müssten sich zahlreiche Kreditinstitute mit Rückforderungen ihrer Kundinnen und Kunden einstellen."
Ein kleiner Hoffnungsschimmer für alle Sparer*innen, die durch Strafzinsen ihr mühsam gespartes Geld schwinden sehen.
Mehr über neue Gesetze und Änderungen im November 2021 erfährst du im Video: