Familiengründung

Angst: Darum bekommen wir keine Kinder mehr

Viele Frauen hätten gerne Kinder. Aber wie soll das gut gehen - mit immer nur befristeten Arbeitsverträgen, unzuverlässigen Beziehungen und einer zunehmend zerstörten Umwelt?

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Wir haben Angst um die Zukunft unserer Kinder

Seit Jahren ist die doch sehr private Entscheidung, ob wir Kinder bekommen wollen oder nicht, eine öffentliche Debatte. Die Geburtenziffer liegt in Deutschland unter dem europäischen Durchschnitt. Während hier Frauen im Schnitt 1,4 Kinder bekommen, sind es in Frankreich 2,1. Das riecht nach Krise. Zumindest nach einer demografischen. Wird doch immer wieder argumentiert, dass der Sozialstaat unter der „Last“ einer geringen Geburtenrate eines Tages zusammenbrechen wird.

Auch wenn die Panik übertrieben ist, woran liegt es, dass eines der reichsten Länder der Welt beim Kinderkriegen so zurückhängt?

Eine Studie der Online-Partnervermittlung eDarling bringt ans Licht: Mehr als 5 Millionen europäische und bisher kinderlose Mitglieder des Portals im Alter von 18 bis 40 Jahren wurden gefragt, ob sie sich Kinder in der Beziehung wünschen.

Die Entscheidung für die Familiengründung fällt vielen Frauen sehr schwer.
Die Entscheidung für die Familiengründung fällt vielen Frauen sehr schwer. Foto: iStock

Nur 39 Prozent der deutschen Singles wollen Kinder

Mit „Ja“ antworten 58 % der Europäer, doch länderübergreifend gibt es erhebliche Unterschiede. Während die Slowakei mit 68 % Zustimmung an der Spitze des Rankings steht, sagen in Deutschland gerade einmal 39 % der Singles , dass sie auf jeden Fall ein oder mehrere Kinder haben möchten.

Doch die Zahlen verraten noch etwas anderes. Die 39 % Zustimmung bedeuten nicht, dass der Rest das Kinderkriegen gänzlich ablehnt, vielmehr ist Deutschland das Land der Unentschlossenen. Während 4 % sagen, sie möchten keine Kinder, sind sich die anderen unsicher, ob sie Nachwuchs wollen. Woran liegt es, dass die Lust auf Kinder in Deutschland auf einem europäischen Tiefstand ist?

Die Stiftung für Zukunftsfragen lieferte hierfür im Frühjahr 2014 einige Erklärungsansätze, die sich unter einem Schlagwort zusammenfassen lassen: Angst. So haben die Deutschen vor allem Angst, ihre Unabhängigkeit aufzugeben ; Angst, sich im Lebensstandard einzuschränken; Angst, ihre Karriere zu vernachlässigen oder ganz und gar aufzugeben. Außerdem bereitet den Deutschen schon jetzt die unsichere Zukunft der noch ungeplanten Kinder Sorgen.

Sind wir also zu ängstlich, um Kinder zu kriegen?

Mit befristeten Verträgen schmiedet man keine Pläne

So einfach ist es sicherlich nicht. Denn für das Gefühl der Angst gibt es mitunter gute Gründe. Gerade die unter 35-jährigen finden sich heute verhältnismäßig oft in prekären Arbeitsverhältnissen wieder. Wer möchte schon Zukunftspläne schmieden, wenn er nur befristete Arbeitsverträge erhält? Wird der Vertrag nicht verlängert, ist die Arbeitslosigkeit real und damit auch die Angst vor dem sozialen Abstieg.

Frauen haben Angst vor dem Ende der Karriere

Ein weiterer Grund betrifft vor allem Frauen, die noch immer die Hauptlast tragen. Sie stehen meist vor der Frage, ob sie sich für Kind oder Karriere entscheiden sollen. Auch wenn der Gesetzgeber hier gehandelt hat und die gemeinsame Elternzeit belohnt, bleiben mehr Frauen als Männer zuhause. Das hat einfache ökonomische Gründe, weil Männer noch immer mehr verdienen als Frauen und sich das Elterngeld am Arbeitslohn orientiert. So ist die Angst, beruflich zu viel zu verpassen und am Ende mit den eigenen Karriereplänen auf der Strecke zu bleiben, mehr als verständlich.

Zusatz-Minus: Steckt die Karriere erstmal in der Sackgasse, können Mütter auch ihre Rente vergessen und werden finanziell abhängig von ihrem Mann.

Kind und Job? Da bist du schnell eine Rabenmutter

Aber auch veraltete Rollenbilder machen es jungen Müttern schwer. Schnell wird von „Rabenmutter“ gesprochen, wenn versucht wird, Beruf und Kind unter einen Hut zu bringen. Allerdings finden auch umgekehrt Vorverurteilungen statt, wenn sich Mütter entscheiden, sich um das Kind zu kümmern und die Karriere auf Eis zu legen. Das sind überflüssige Grabenkämpfe, die niemandem helfen und vor allem ein diffuses Gefühl hinterlassen, den Anforderungen nicht gerecht zu werden.

In Frankreich haben es Mütter leichter

Ein Blick nach Frankreich zeigt, dass es für Mütter auch anders geht. Wer nach dem Geheimnis für die hohe Geburtenrate fragt, wird schnell merken, dass die Mentalität eine andere ist. So ist es dort selbstverständlich, dass Frauen so schnell wie möglich wieder in den Beruf zurückkehren und dass sich Arbeit und Familie besser organisieren lassen. Das gilt auch für die Kleinkindbetreuung, die hier seit Jahrzehnten selbstverständlich ist. So arbeiten mehr als 40 % der Frauen mit Vorschulkindern in Vollzeit, während in Deutschland viele in Teilzeit oder Minijobs tätig sind. Den Vorwurf, eine Rabenmutter zu sein, hört keine von ihnen.

Es gibt aber auch ganz einfache finanzielle Anreize bei unseren Nachbarn. Während hier Kindergeld schon beim ersten Kind gezahlt wird, geschieht dies in Frankreich erst beim zweiten Kind. Für jedes weitere Kind erhalten die Eltern dann einen Zuschlag. Zudem bevorzugt das Steuersystem Familien mit mehreren Kindern.

Wir brauchen mehr Toleranz und Unterstützung

Wenn wir also mehr Kinder wollen, dann muss einiges verbessert werden. Dazu gehört vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Karriere, aber auch die Toleranz und Förderung anderer Lebensentwürfe. Hier die Schuld ausschließlich bei der Politik zu suchen, greift allerdings etwas zu kurz. Letztendlich liegt es an uns allen.

Mehr zum Thema: Social Freezing - Kinder aus der Gefriertruhe

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