Rosemarie Nitribitt: Sie öffnete ihrem Mörder selbst die Tür
Die berühmteste Prostituierte der Nachkriegszeit fand in ihrer Wohnung den Tod - bis heute wirft ihr Tod Fragen auf.
Warum hört denn der Hund nicht auf zu bellen?“, fragten sich die Nachbarn von Apartment 41 in Frankfurts Stadtmitte. Drei Tage lang kläffte Pudel Joe herzzerreißend. Die Putzfrau ahnte Schlimmes und rief Hilfe.
Als Polizisten am 1. November 1957 die Tür aufbrach, fanden sie Deutschlands berühmteste Prostituierte Rosemarie Nitribitt tot. Erwürgt. Am Hinterkopf der 24 Jahre alten Frau klaffte eine Wunde. Sie hatte ihrem Mörder selbst die Tür geöffnet.
Ein Blick zurück
Rosemarie Nitribitt wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Die Mutter verbüßte mehrere Freiheitsstrafen, den Vater hatte sie wohl nie kennengelernt. Das Mädchen kam in Heime, galt als schwer erziehbar. Mit der Zeit spürte Rosemarie aber, wie begehrenswert sie war, und verdiente früh ihr erstes Geld mit Prostitution. Bald gab sie sich große Mühe, ihre einfache Herkunft zu verbergen, lernte Sprachen, studierte gutes Benehmen ein. Mit 21 betrieb sie „gewerbsmäßige Unzucht“ in der Schickeria. Und sorgte für Glamour: 1956 kaufte sie den schwarzen Mercedes Benz 190 SL mit aufsehenerregenden roten Ledersitzen, der ihr Markenzeichen werden sollte.
Ein gesellschaftlicher Skandal
Ihr Tod löste Entsetzen aus – und einen gesellschaftlichen Skandal, denn nun kamen die prominenten Namen ihrer Kunden im „Spurenbuch von Kriminalfall 68331/57“ ans Licht, darunter Harald Quandt († 46, BMW), Playboy Gunter Sachs († 78) und Krupp-Spross Harald von Bohlen und Halbach († 67). Letzterer nannte die Nitribitt „Fohlen“ und „Rehchen“. Belastend: Am Tatort stand eine Flasche Rotwein – mit den Fingerabdrücken des Stahl-Erben. Schließlich gab es einen ganz anderen Hauptverdächtigen, den Handelsvertreter Heinz Pohlmann, damals 34. Weil die Polizei bei den Ermittlungen aber geschlampt hatte, wurde er 1960 aus Mangel an Beweisen freigesprochen – trotz erheblicher Zweifel an der Herkunft des vielen Geldes, das sich unmittelbar nach der Tat in seinem Besitz befand und das wohl aus der Wohnung Nitribitts stammte. Dennoch habe man ihn nicht mit Sicherheit des Mordes überführen können, hieß es in der Urteilsbegründung des Frankfurter Gerichts.
Ein böser Verdacht
Bei alledem gab es einen bösen Verdacht: Der klamme Bekannte der Hure war nur vorgeschoben, um die „ehrenwerten Herren“ zu schützen. So blieb der Fall ungeklärt. Der Mörder nahm sein Geheimnis mit ins Grab.
Autor*in: Redaktion Retro