Schicksal

Thomas Fritsch: Er lebte schnell und laut, doch sein Herz sehnte sich nach Stille

Thomas Fritsch starb am 21. April 2021 mit 77 Jahren. Er habe sein Leben ausgekostet, sagte der beliebte Schauspieler selbst, doch er hatte viele Geheimnisse…

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Es gibt nichts, was ich nachholen müsste. Ich habe alles ausgekostet bis zur Neige. Ich habe die Nächte mit Wonne durchgesoffen und -getanzt“, erzählte Thomas Fritsch einmal freimütig. Der beliebte TV-Star genoss sein Leben, er arbeitete hart, feierte viel. Doch zwischendrin nahm er sich immer wieder Zeit nur für sich. Er lebte schnell und laut, doch sein Herz sehnte sich nach Stille ...

Das Talent wurde Thomas Fritsch in die Wiege gelegt

Der Schauspieler kam am 16. Januar 1944 in Dresden zur Welt. Das Talent wurde ihm in die Wiege gelegt. Sein Vater war der Ufa-Star Willy Fritsch (1901 – 1973), seine Mutter war die Revuetänzerin Dinah Grace (1917 – 1963).

Die Familie zog nach Hamburg, wo er im Schultheater seine Leidenschaft für die Schauspielerei entdeckte. Mit 16 sprach er dem legendären Gustaf Gründgens vor, der war von ihm begeistert. Kurz darauf winkten schon die ersten Filmangebote. Er drehte mit Hildegard Knef († 76) und Lilli Palmer († 71) – und war mit 18 schon ein Star.

Sein gutes Aussehen, sein jungenhafter Charme und seine meerblauen Augen ließen die Frauenherzen höherschlagen. Pro Woche bekam er rund 2000 Briefe von Verehrerinnen.

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Thomas Fritsch plante den Sprung nach Hollywood

Auch als Sänger war er mit Schlagern erfolgreich und moderierte Shows im Fernsehen. In wenigen Jahren hatte er mehr erreicht als andere im ganzen Leben. Er war umjubelter Gast auf dem roten Teppich und Mittelpunkt jeder Party. Dann plante er den Sprung nach Hollywood, es gab schon Probeaufnahmen und Gespräche mit Studiobossen.

Doch seine Hoffnungen platzten – er wurde zur Bundeswehr eingezogen. Sein Karriereknick. Nach dem Wehrdienst flog er wieder nach Amerika und stellte fest, dass man ihn dort schon vergessen hatte. Das hat ihn tief enttäuscht.

Als Hollywood ihn verschmähte, fand er sein Glück auf Mykonos. Auf der griechischen Insel konnte er es – anders als in Deutschland – langsam angehen lassen, die Stille genießen. Hier war er „Tomaso, der blonde Zorbas“ und nicht der Star aus dem Fernsehen. Er kaufte sich ein Häuschen, 72 Quadratmeter mit einem Turm. „Ganz winzig, aber wunderschön“, schwärmte er. Dort oben saß er oft und blickte stundenlang über den Hafen und über das Meer. Jedes Jahr kam er für mehrere Wochen hierher, um sich auszuruhen.

„Drei sind einer zuviel“ wurde Fritschs Comeback

Mit der TV-Serie „Drei sind einer zuviel“ gelang ihm 1977 das Comeback. Die Angebote flatterten wieder ins Haus, sein Telefon stand nicht mehr still. Bei Dreharbeiten zu „Rivalen der Rennbahn“ verliebte sich der leidenschaftliche Tierschützer in das Pferd Samurai und kaufte es.

Er synchronisierte Hollywood-Stars wie Marlon Brando, sprach Hörspiele wie „Die drei Fragezeichen“ – und liebte die Bühne. In welcher Stadt auch immer er engagiert war, mietete er eine Wohnung, um zu kochen – am liebsten thailändisch. Nachts nach der Vorstellung stellte er sich an den Herd. „Das entspannt mich. Ich esse es zwar so spät nicht mehr, das macht fett. Aber ich koche vor und bringe es Kollegen mit“, erzählte er. „Kochen hat was mit Liebe zu tun.“

Sein Privatleben behielt er ansonsten für sich. Nur einmal gestand er, dass er bisexuell ist. „Ich habe Frauen und Männer geliebt. Ich bin immer offen für Leidenschaft und Gefühle.“

Thomas Fritsch: Er wollte sein Leben beenden

Seine wilden Zeiten endeten abrupt, als bei ihm ein Gehirntumor diagnostiziert wurde. Da war er Ende 40. Die Ärzte rieten zur Operation. Thomas Fritsch war religiös, aber in dem Moment fand er im Glauben keinen Halt. Stattdessen floh er nach Mykonos, um sein Leben zu beenden. „Da bekam ich ein Zeichen. Das Meer veränderte seine Farbe, der Wind drehte. Für mich ein Fingerzeig des Schicksals: Was du vorhast, ist falsch.“ Er ließ sich erfolgreich operieren – nur eine kleine Narbe blieb zurück. „Ich bin demütiger geworden und dankbarer“, sagte er danach. Über den Tod machte Fritsch sich oft Gedanken: „Ich würde es wie die Elefanten machen und mich zum Sterben in die Einsamkeit zurückziehen.“

Es folgte eine andere Form des Rückzugs – er vergaß sein Leben. Denn Thomas Fritsch erkrankte an Demenz. Er starb am 21. April. Schon vor Langem hatte er verfügt, dass seine Asche ins Meer gestreut werden soll – vor Mykonos. Dort, wo er am glücklichsten war.

Foto: IMAGO / Revierfoto

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