Was wirklich hilft

Baby-Blues: Wenn man plötzlich nicht aufhören kann zu weinen

Von den Heultagen nach der Geburt sind rund 50 Prozent der Frauen betroffen. Warum sie ganz normal sind und wir endlich darüber sprechen sollten! 

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Was ist ein Babyblues?

Fast jede zweite Frau leidet nach der Geburt unter dem Baby-Blues oder den Heultagen. Erschöpfung, Traurigkeit, Angst, Energielosigkeit und Unsicherheit sind die typischen Anzeichen, dass die Heultage im Anmarsch sind. Meistens treten sie zwischen dem dritten und fünften Tag nach der Geburt auf. Frauen mit Baby-Blues müssen kein schlechtes Gewissen haben und glauben, sie seien Rabenmütter, weil die nach der Geburt diese plötzliche Traurigkeit überkommt. Es ist ganz normal.

Woher kommen die Heultage?

Für das Stimmungstief im Wochenbett sind vor allem die Hormone verantwortlich.  Der Östrogen- und Progesteronspiegel sinkt, während die Prolaktin-Produktion steigt. Der Körper hat also eine enorme Hormonumstellung zu bekämpfen. Hinzu kommen der Schlafmangel, das Erlebnis der Geburt und die radikale Umstellung der Lebenssituation. 

Meist verschwindet der Baby-Blues genauso plötzlich, wie er gekommen ist. Die Heultage können ein paar Stunden aber auch bis zu zwei Wochen andauern. Hält der emotionale Ausnahmezustand länger an, könnte es sich um eine postnatale Depression handeln. Dann sollte man sich unbedingt dem Partner, der Familie oder der Hebamme oder Ärztin anvertrauen. 

Was kann ich gegen den Baby-Blues tun?

  • Die Situation annehmen: Es ist viel, was auf eine frischgebackene Mama plötzlich einprasselt. Es ist ok gestresst, müde und traurig zu sein. Lasst das zu und kämpft nicht dagegen an. 
  • Ordentlich ausweinen: Sprecht über eure Gefühle, umgebt euch mit Menschen, bei denen ihr euch wohlfühlt. Lasst euch trösten. Kritiker und Skeptiker braucht jetzt niemand.
  • Ablenkung hilft: Spazieren gehen, die beste Freundin treffen oder einfach ein bisschen Zeit alleine verbringen - eine Wohltat für die gestresste Mamaseele! 
  • Arbeit aufteilen: Partner, Familie oder enge Freunde mit einspannen. Man muss nicht alles selbst machen und schon gar nicht perfekt. 
  • Eine Mütze voll Schlaf wirkt Wunder: Für ein paar Stunden kann der Partner einspringen und auch die Hebamme hat tolle Tipps und Tricks, wie ihr die Kapazitäten besser verteilen und nutzen könnt. 

Und jetzt der Erfahrungsbericht

Heute bin ich der Überzeugung, dass meine Heultage auch ein bisschen was mit Karma zu tun hatten. Als eine Mitschwangere im Geburtsvorbereitungskurs nach den Heultagen fragte, dachte ich noch leichtfertig: "Das ist gibt es doch bestimmt gar nicht!" Doch dann hat es mich eiskalt erwischt!

Meine Zwillinge mussten wegen einer schweren Schwangerschaftsvergiftung unter Vollnarkose per Not-Kaiserschnitt geholt werden. Drei Tage später begann plötzlich das Gefühlschaos, obwohl ich fand, dass ich mich bis dahin gut geschlagen hatte. Meine Jungs mussten in der 31 Schwangerschaftswoche geholt werden, waren also noch ziemlich klein und mussten die ersten Wochen auf der Intensivstation im Inkubator verbringen. Das an sich war schon hart genug, aber dann kam auch noch dieses plötzliche und unkontrollierbare Heulen hinzu. 

Ich heulte, wenn morgens das Frühstück kam und ich mich nicht entscheiden konnte, ob ich Vollkornbrot oder Toast wollte. Ich heulte, wenn die Krankenschwestern mir über die Fortschritte meiner Kinder erzählten. Ich heulte, weil ich abends immer das Abendessen verpasste. Ich heulte, wenn mein Mann abends nach Hause musste und ich alleine neben meiner schnarchenden Zimmernachbarin lag. Ich heulte, wenn ich nachts mit der Milchpumpe bewaffnet ins Stillzimmer schlich, um Milch für meine Kinder abzupumpen. Es war schrecklich! 

Bis zur Geburt meiner Kinder war ich kein sentimentaler Mensch. Ich hab selten geweint und umso mehr ärgerte es mich, dass ich es plötzlich ständig tat und nicht kontrollieren konnte. Eines Tages sagte mein Mann zu mir, dass ihn die Krankenschwestern angesprochen hätten, dass ich immer so traurig aussehen würde und ob ich nicht vielleicht mal mit einem Psychologen sprechen möchte. Wieder kamen mir die Tränen und ich sagte trotzig: "Nichtmal in Ruhe heulen kann man hier!" Schließlich lagen meine zwei Kinder mit Schläuchen verkabelt auf der Intensivstation und ich konnte sie nur besuchen, wenn mich jemand mit einem Rollstuhl dorthin schob. Von der Schwangerschaftsvergiftung und dem Kaiserschnitt war ich noch so schlapp, dass ich den Weg von nicht mal 100 Metern auf die Intensivstation nicht zu Fuß bewältigen konnte. In meinen Augen hatte ich also allen Grund zum Heulen! 

Und so schnell, wie das Gefühlschaos kam, ging es auch wieder. Plötzlich musste ich nicht mehr heulen, hatte meine Gefühle wieder unter Kontrolle und dafür war ich unendlich dankbar. Heute muss ich manchmal lachen, wenn ich an meine Heultage zurückdenke. Es war eine so schräge und surreale Zeit. Außerdem habe ich mittlerweile von Freundinnen ähnliche Erfahrungsberichte gehört. Meine Schwägerin zum Beispiel fing während ihrer Heultage immer an zu weinen, wenn die Müllabfuhr kam. "Ich fühlte mich von diesem gigantischen Wagen und dem Lärm total bedroht", erzählte sie einmal lachend. Es ist also völlig ok, an diese Zeit auch mit einem lachenden Auge zurückzudenken. 
 

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