Jeder Bissen zählt

Foodsharing: Lebensmittel retten statt wegwerfen - so wirst du aktiv!

Weltweit landet ein Drittel aller Lebensmittel im Müll. Wie du gegen diese Lebensmittelverschwendung als Einzelperson angehen kannst? Mit Foodsharing! Wie das Konzept Foodsharing funktioniert und welche verschiedenen Möglichkeiten es für dich gibt, Lebensmittel zu retten und miteinander zu teilen, erfährst du hier! 

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Allein in Deutschland werden jährlich 12 Millionen Tonnen Lebensmittel entsorgt. Das sind erschreckende Zahlen, wenn man bedenkt, dass knapp eine Billion Menschen tagtäglich Hunger leiden müssen. Doch wie kommt es zu diesen riesigen Massen an verschwendetem Essen? 

Supermärkte, Restaurants, Bäckereien, Kantinen und auch Hotels entsorgen täglich nicht mehr verkäufliche Lebensmittel, die Mängel aufweisen oder deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Bäckereien dagegen produzieren jeden Tag mehr Backwaren als vielleicht tatsächlich benötigt werden, schließlich regt eine halbleere Auslage nicht zum Kaufen ein. Durch die Überproduktion bleiben am Ende des Tages etliche Lebensmittel übrig, die am nächsten Tag nicht mehr verkauft werden können und somit im Müll landen.

Das Problem? Die meisten weggeworfenen Lebensmittel sind noch genießbar und manch einer würde definitiv noch Verwendung für die Produkte finden - erst Recht Bedürftige.

Aber nicht nur Betriebe tragen zur Lebensmittelverschwendung bei. Jeder von uns hat mit Sicherheit schonmal ein Lebensmittel weggeworfen, dessen Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen war, das wir einfach nicht mochten oder nicht mehr aufbrauchen konnten. Dabei bedeutet ein abgelaufenes Mindesthaltbarkeitsdatum keinesfalls, dass die Produkte nicht mehr gegessen werden können. 

Ein Beispiel: Der wohlverdiente Urlaub steht an und im Kühlschrank steht noch eine halbvolle Packung Eier und die 5 Bananen im Obstkorb haben die perfekte Reife. Bevor du aufbrichst schaffst du es nicht mehr, die Nahrungsmittel aufzubrauchen und nach deinem Urlaub werden die Lebensmittel längst verdorben sein. Was machst du? Du entsorgst sie im Müll, obwohl jemand anderes die noch genießbaren Lebensmittel vielleicht mit Freude annehmen würde. Doch wie findet man diese Menschen?

Hier kommt das Foodsharing ins Spiel. Ein Konzept, das darauf aufbaut noch genießbare Lebensmittel vor der Entsorgung zu retten und mit Menschen zu teilen. Wir stellen dir die Plattform "Foodsharing.de" sowie etliche App-Alternativen vor, mit denen du gegen die Lebensmittelverschwendung angehen kannst und erzählen von privaten Erfahrungen, die mit der Lebensmittelrettung gemacht wurden.

Foodsharing: Was ist das?

Foodsharing wurde 2012 von Raphael Fellmer in Berlin gegründet und ist eine Plattform, die Betriebe und ehrenamtliche Foodsharer und Foodsaver miteinander vernetzt, um nicht mehr verkäufliche oder übriggebliebene Lebensmittel aus den Betrieben oder privaten Haushalten, vor der Mülltonne zu retten. Die Organisation kooperiert mit Betrieben wie Restaurants, Hotels, Kantinen, Bäckereien, Bauernhöfen und Supermarktfilialen. Supermarktketten sind nicht Teil des Foodsharing-Netzwerks. Die Mitgliedschaft bei Foodsharing sowie die geretteten Lebensmittel sind kostenlos und werden weiterverschenkt. 

Wie funktioniert Foodsharing?

Um Teil der Foodsharing-Initiative zu werden, musst du dich lediglich auf der Webseite als Mitglied registrieren. Nun hast du den Status als Foodsharer. Das bedeutet, dass du nach Lebensmitteln suchen kannst, die du dann von anderen Mitgliedern abholst oder du kannst selbst nicht mehr benötigte Lebensmittel in Essenskörben auf der Plattform zum Weiterverschenken anbieten. Interessierte können sich dann direkt bei dir melden, um einen Termin zur Abholung auszumachen. 

Die sogenannten Foodsaver sind ehrenamtliche Mitarbeiter, die sich darum kümmern die  Lebensmittel von den kooperierenden Betrieben abzuholen. Sie prüfen die Lebensmittel und sortieren Ungenießbares aus, bevor sie die geretteten Lebensmittel auf der Foodsharing-Seite zum Verschenken anbieten, an Freunde, Familie oder Nachbarn verteilen oder zur Lagerung an die Fair-Teiler-Stellen bringen, wo sich Privatpersonen das Essen abholen können. Um Foodsaver zu werden, musst du Online ein Quiz machen, das beweist, dass du dir den Regeln und Pflichten bewusst bist. Anschließend wirst du mit erfahrenen Foodsavern ein paar Abholungen zur Probe machen, bis alles einwandfrei läuft und du einen Foodsaver-Ausweis bekommst. 

Jeder Fair-Teiler muss einen Kühlschrank und Regale als Stauraum besitzen. Sie können auf privatem Grund und Boden, in Vereinsräumen, Gemeindezentren, Universitäten, Cafés oder Geschäften zu finden sein. Auf der Webseite bekommst du eine klare Übersicht, wo sich der nächste Fair-Teiler in deiner Umgebung befindet. Allerdings musst du nicht registriertes Mitglied sein, um dir dort Lebensmittel abzuholen.

Welche Lebensmittel dürfen beim Foodsharing nicht geteilt werden?

  • Lebensmittel, die ein festes Verbrauchsdatum haben, wie beispielsweise Fisch oder Fleisch, dürfen von Betrieben und Privatpersonen nicht verteilt werden. 
  • Lebensmittel, bei denen die Kühlkette unterbrochen wurde und durch Verpackungsbeschädigungen ein unangenehmer Geruch vernehmbar ist
  • Selbstgemachtes wie Marmelade oder Brot (die verwendeten Inhaltsstoffen sind nicht mehr nachvollziehbar) 

Lebensmittel, die Makel und Macken aufweisen oder einen leicht welken Blattsalat kannst du problemlos weitergegeben. Generell solltest du unbedingt darauf achten, dass du nur Lebensmittel anderen Mitgliedern anbietest, die du selbst auch noch essen würdest. 

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Foodsharing Erfahrung: Lebensmittel retten ist auch in Zeiten von Corona möglich

Um einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung beizutragen, muss man sich nicht unbedingt als Foodsaver engagieren. Es reicht auch, wenn du als Foodsharer ungewollte Lebensmittel von Sammelstätten abholst, anstatt Obst und Gemüse im Supermarkt zu kaufen. So macht das auch Barkeeperin Merle (25), die bereits seit acht Jahren in der Gastronomie tätig ist und nur zu gut weiß, wie viele Lebensmittel am Ende des Tages in der Mülltonne landen. Deshalb versucht sie Schritt für Schritt einen nachhaltigeren Lebensstil zu entwickeln und ihren eigens produzierten Müll zu reduzieren. Gemeinsam mit ihrer Mitbewohnerin nutzt sie daher foodsharing.de und hat ihre persönliche Erfahrung mit uns geteilt.

"Von den geretteten Lebensmitteln erfahren wir meist über die privaten Verteiler-Gruppen von den Abholer*Innen. Letztlich baut sich meist jeder von ihnen ihr eigenes Netzwerk auf.", erklärt die Lebensmittelretterin. Über die WhatsApp-Gruppen erfahren sie ganz unkompliziert wann und wo die Lebensmittel dann abgeholt werden können. 

Da während der Corona-Pandemie, die Fair-Teiler-Stellen wie Cafés, Universitäten und Gemeindezentren geschlossen haben, können die geretteten Lebensmittel nicht an den üblichen Orten gelagert werden. Die meisten Foodsaver lagern die Lebensmittel daher momentan Zuhause, wo sie dann auch abgeholt werden können:

"Die Abholer*Innen stellen die Körbe mit geretteten Lebensmitteln meist vor ihren Häusern oder Wohnungen ab. Als Foodsharer gilt dann bei der Abholung natürlich Masken- und Handschuh-Pflicht! Es ist schon komisch, vor fremden Wohnungen und Häusern in Körben rumzukramen und sich Lebensmittel in die Tasche zu stecken.  Aber man gewöhnt sich mit der Zeit an die etwas anderen Umstände, die momentan herrschen. Man bleibt dabei natürlich auch nicht unbeobachtet, was eigentlich etwas Schönes ist. Wenn man nämlich darauf angesprochen wird, was man da gerade macht, erfahren somit umso mehr Personen vom Foodsharing und so wächst eventuell auch das Netzwerk.

Am liebsten rettet Merle mit ihrer WG Obst und Gemüse, das dann in gemeinsamen Kochabenden und Backstunden zu leckeren Salaten oder Kuchen verarbeitet wird.

"Ein schöner Nebeneffekt beim Lebensmittel retten ist, dass wir als WG jetzt gerne neue Rezepte ausprobieren und ein wenig mit verschiedenen Zutaten herumexperimentieren".

Neben dem persönlichen und nachhaltigen Beitrag zum Kampf gegen Lebensmittelverschwendung und dem gemeinsamen Kochen und Backen, gibt es allerdings auch noch einen weiteren ausschlaggebenden Faktor, der Merle vom Foodsharing-Konzept überzeugt:

"Finanziell hat das Foodsharing natürlich auch riesige Vorteile. Gerade für mich, die als Barkeeperin während des Lockdowns in einer Art Zwangsurlaub steckt und nicht arbeiten kann. Durch das Foodsharing komme ich ganz umsonst an Lebensmittel". 

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Foodsharing: Diese App-Alternativen unterstützen bei der Lebensmittelrettung

Neben der Initiative Foodsharing gibt es mittlerweile auch etliche Apps, die ebenfalls beim Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung unterstützen und einen nachhaltigen Konsum fördern.

Too Good To Go - Lebensmittel vor der Tonne retten

Die kostenlose App "Too Good To Go" vernetzt gastronomische Betriebe wie Restaurants, Cafés, Hotels und Bäckereien mit Kund*Innen, die die überproduzierten Lebensmittel zu einem stark reduzierten Preis erwerben können. Der Preis für die geretteten Lebensmittel beträgt maximal die Hälfte des Originalpreises und durchschnittlich 3,50€.

Im Gegensatz zur Foodsharing-Plattform gehören bei "Too Good To Go" auch Supermarkt- und Restaurantketten wie Dean & David zu den kooperierenden Betrieben. Du musst dich nicht selbst um das Verteilen von Lebensmitteln an Sammelstätten kümmern und gehst keinerlei Verpflichtungen ein. Über die App siehst du direkt, welche Cafés und Restaurants in deiner Umgebung Essenskörbe anbieten. Diese kannst du dir reservieren und in einem gewählten Zeitfenster im Laden selbst abholen. Die Bezahlung läuft ganz einfach über die App. Bei der Abholung musst du lediglich deine Quittung vorzeigen. 

Zu gut für die Tonne - Tipps und Tricks zur Resteverwertung

"Zu gut für die Tonne" ist keine Foodsharing-App im herkömmlichen Sinne, da sie keine Lebensmittel zum Teilen anbietet, sondern dabei unterstützt weniger Lebensmittel zu verschwenden. In der App kannst du die Lebensmittelreste eingeben, die du noch zu Hause zur Verfügung hast und sie liefert dir dann leckere Rezepte für die Resteverwertung von Sterneköchen wie Johann Lafer. Neben den praktischen Rezepten werden dir auch Tipps für einen nachhaltigen Einkauf, die Lagerung, Haltbarkeit und Verwertung von Lebensmitteln an die Hand gegeben.

OLIO - Die App für Nachbarschaftshilfe

Die App "OLIO" hilft dir dabei Menschen in deinem direkten Umkreis zu finden, an die du Lebensmittel abgeben kannst. Bei der App für Nachbarschaftshilfe kannst du daher auch Selbstgemachtes wie Kuchen und Brot oder Obst und Gemüse aus der Eigenernte weitergeben, wenn du selbst keine Verwendung mehr für die Lebensmittel hast. Dafür musst du einfach ein Foto der Nahrungsmittel hochladen und auswählen, ob du sie verschenken oder verkaufen möchtest. Die Interessenten können sich dann direkt bei dir melden, um ein Termin für die Abholung auszumachen.

etepetete - Obst und Gemüse schmeckt, egal ob krumm und schief

Obst und Gemüse, das krumm, verwachsen und optisch nicht ansprechend ist, findet meist gar nicht den Weg vom Bauern zum Supermarkt, da die meisten Verbraucher diese Lebensmittel sowieso liegen lassen würde. Etepetete rettet "unschönes" Obst und Gemüse von Bio-Bauern und stellt Bio-Kisten zusammen, die im wöchentlichen oder zweiwöchentlichen Rhythmus abonniert werden können. Du hast die Auswahl aus Boxen mit Gemüse, Obst, Rohkost oder einem Mix aus allem. Die Bio-Kisten werden auf direktem Wege vom Bauern zu dir nach Hause geliefert - plastikfrei und CO2-neutral. 

Lebensmittel retten: Eigeninitiative ergreifen!

Um gegen die Lebensmittelverschwendung anzugehen und Lebensmittel zu retten, musst du aber nicht unbedingt erst Mitglied bei Foodsharing werden oder dir eine App auf dein Smartphone laden. In sozialen Medien wie Facebook findest du etliche Foodsharing-Gruppen, in denen du dich mit Gleichgesinnten austauschen kannst und Lebensmittel zum Verschenken oder Tauschen anbieten kannst. Diese Gruppen gibt es mittlerweile für diverse Städte. Mit Sicherheit wirst du eine finden, mit Menschen in deinem Umkreis. Falls nicht, kannst du auch immer noch eine eigene WhatsApp-Gruppe mit Freunden, Nachbarn und Familienmitgliedern gründen, um die Verschwendung von Lebensmitteln einzudämmen und euren ökologischen Fußabdruck gemeinsam zu minimieren. 

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