Haustiere

Laut Expertin: Das MUSST du wissen, bevor ein Hund einzieht

Viele Menschen wünschen sich sehnlichst einen Hund – für viele Hunde endet dieser Wunsch jedoch tragisch…

Hund blickt entschuldigend von seinem Zerstörungswerk auf.
Foto: georgeclerk / iStock
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Viele Menschen wünschen sich sehnlichst einen Hund – die traurige Wahrheit ist jedoch, dass viele Hunde, ob vom Züchter, aus dem Tierheim oder dem ausländischen Tierschutz wieder zurückgegeben, ans Tierheim abgegeben oder im schlimmsten Fall sogar ausgesetzt werden.

Wunschvorstellungen und Realität liegen oft nicht nah beieinander. Was zu viele nicht wissen: Einer absolut harmonischen und engen Hund-Mensch-Beziehung gehen viel Arbeit, Zeit, Geduld und oft viele Rückschritte voraus… Hunde sind Lebewesen, keine Maschinen oder Kuscheltiere. Sie sind keine Ware, die man einfach umtauschen oder zurückgeben kann, wenn mal etwas nicht passt… Die Entscheidung für einen Hund ist eine Entscheidung, zu der man ein ganzes Hundeleben lang stehen muss.

Wir haben für dich zusammengefasst, was du WIRKLICH beachten musst, bevor du dich für ein Leben mit Hund entscheidest. Tierschützerin und Hundebesitzerin Malin Lidén hat uns als Expertin bei der Erstellung dieses Artikels unterstützt.

1. Die Entscheidung für einen Hund

Die Entscheidung für einen Hund ist schnell gefällt – jeder Mensch weiß, dass Hunde des Menschen bester Freund sind, denn so sieht man es in Film und Fernsehen, auf Social Media und auch bei anderen Menschen im eigenen Umfeld.

Hunde machen das Leben einfach schöner – oder?

Motivation: Warum willst du einen Hund?

Ein Hund kann dein Leben enorm bereichern. Doch das kann er nur, wenn du viel Zeit mit ihm verbringen möchtest und deine Vorlieben auch zu denen eines Hundes passen. Naturgemäß braucht ein Hund je nach Rasse und Typ viel oder SEHR viel Auslauf – so oder so: Zwei ausgiebige Spaziergänge am Tag sind das MINIMUM, das du einplanen solltest.

Ein Hund braucht aber nicht nur Auslauf und Futter, sondern vor allem auch Nähe, Geduld, Beschäftigung und Verlässlichkeit. Er ist kein Hobby für zwischendurch, sondern ein Familienmitglied, das auf dich angewiesen ist – jeden Tag, fast den ganzen Tag, über viele Jahre. Ein bisschen wie ein Kind, das nie ganz erwachsen wird…

Je nach Rasse und Typ kann es auch sein, dass der Hund ein Hobby braucht – Agility, Mantrailing, SUP, Zughundesport wie Canicross… Es gibt unendlich viele tolle Dinge, die Mensch und Hund zusammen erleben können.

Die Frage ist also wirklich, warum Du Dir einen Hund wünschst. Ist die Antwort: Ich will sehr viel Zeit mit ihm verbringen, schöne Dinge erleben und bin dafür auch bereit, Arbeit und Unannehmlichkeiten auf mich zu nehmen und meine Komfortzone zu verlassen, dann hast du sehr gute Voraussetzungen.

Lebenssituation analysieren: Zeit, Platz, Familie

Du bist perfekt für einen Hund geeignet? Super! Aber wie sieht es mit dem Rest der Familie und deiner Lebenssituation aus?

  • Bei wem ist der Hund, während du arbeitest?

  • Darf er mit ins Büro?

  • Wer kann helfen, wenn der Hund oder du mal krank seid?

  • Wie sieht es im Urlaub aus?

Bevor überhaupt ernsthaft über die Anschaffung eines Hundes nachgedacht wird, muss absolut klar sein, wer die Hauptverantwortung trägt. ACHTUNG: Das ist NIEMALS ein Kind!

Zu der Betreuungsfrage in JEDER Lebenssituation kommt die Frage der räumlichen Lebenssituation:

  • Gibt es genug Platz?

  • Ist Hundehaltung erlaubt?

  • Wie sieht es mit Auslaufmöglichkeiten in der Nähe aus?

  • Gibt es Hundeschulen und Artgenossen, mit denen Interaktionen möglich sind, in der Nähe?

Ein realistischer Blick auf deinen Alltag, deine Lebens- und Wohnsituation hilft, langfristig die richtige Entscheidung zu treffen – für dich und den Hund.

Kosten & Verantwortung: Realistische Erwartungen setzen

Ein Hund kostet Geld – nicht nur beim Kauf oder der Adoption, sondern jeden einzelnen Monat. Futter, Tierarzt, Impfungen, Versicherungen, Hundesteuer, Ausstattung, Pflege, Parasitenprophylaxe, Training – und das über 10 bis 15 Jahre hinweg. Und was ist, wenn der Hund krank wird? Ein einziger Tierarztbesuch kann schnell mehrere hundert Euro kosten, Operationen gehen in die Tausende. Für Letzteres gibt es sowohl Kranken- als auch OP-Versicherungen, aber auch die verursachen monatliche Kosten.

Wer „Was kostet ein Hund im Monat?“ googelt, erhält die Antwort „zwischen 50 und 200 Euro“. Klingt gar nicht so viel, aber vor allem 50 Euro sind auch einfach EXTREM unrealistisch. Das wird allein mit dem Futter schon schwierig, wenn der Hund nicht extrem klein ist und wirklich das günstigste Futter verträgt. (Not so Fun Fact: Wie Menschen haben auch viele Hunde heutzutage Allergien und Futtermittelunverträglichkeiten. Das schließt leider fast alle preiswerten Hundefuttersorten sehr schnell aus…)

2. Welcher Hund passt zu dir?

Auch hier ist Realismus gefragt: Mach dir deine Wünsche und Bedürfnisse, die du in Bezug auf einen Hund hast, sehr genau klar. Bist du eher eine Couch-Potato, lebst mitten in der City und möchtest nicht unbedingt jeden Tag mehr als zwei Stunden (Achtung: Tierschutzgesetzliches Minimum) spazieren? Dann such nach einem Hund, der diesen Bedürfnissen entsprechen kann.

Über Rassehunde und Modehunde

Die Frage, welcher Hund zu dir passt, IST KEINE FRAGE DER OPTIK!

Hunderassen wie Weimaraner und Vizslas zum Beispiel sind absolute Modehunde und landen wie Australien Shepherds besonders oft als „Problem-Hunde“ auf dem Abstellgleis. Und das, weil die Hunde GENAU SO sind, wie sie seit Jahrzehnten gezüchtet wurden. Jagd- und Arbeitshunde MÜSSEN arbeiten dürfen – körperlich und geistig. Natürlich gibt es Ausnahmen. Aber diese Rassen sind nur für Menschen geeignet, die ihren Hund mit Hobbys und Bewegung auslasten können und WOLLEN, die ihrem Naturell entsprechen. Man darf hier nie davon ausgehen, dass man die Ausnahme bekommt, die man vielleicht kennt.

Beim Viszla zum Beispiel kann man auf Wikipedia lesen: „Bei ausreichender Beschäftigung kann er als Familienhund gehalten werden.“ Zu viele Menschen lesen nur „Familienhund“ und machen sich nicht klar, was „ausreichend Beschäftigung“ bedeutet. Das ist im Zweifelsfall in einer Familie mit kleineren Kindern und berufstätigen Eltern zeitlich überhaupt gar nicht machbar.

Mischlinge sind wie eine Pralinenschachtel

Seriöse Tierschutzorganisationen versuchen die Hunde, die sie vermitteln, so gut es geht einzuschätzen. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter wünschen sich nichts sehnlicher, als Für-immer-Familien für ihre Schützlinge zu finden, also geben sie ihr Bestes, mögliche Rasseanteile und Charakterzüge sowie die Vergangenheit und das Verhalten des Hundes zu beurteilen und ihn in bestmöglich geeignete Hände zu geben.

Doch wie bei Forrest Gump ist nicht nur das Leben, sondern auch ein Hundemischling wie eine Pralinenschachtel: „Man weiß nie, was man bekommt!“

Du brauchst die Bereitschaft, dich flexibel auf den Charakter und die individuellen Bedürfnisse des Hundes einzulassen. Wobei das ehrlicherweise genauso auf Rassehunde zutrifft! Gleichzeitig sind viele Mischlinge robuster als überzüchtete Rassehunde – nicht immer, aber oft.

Bei Welpen aus dem Tierschutz hast du nahezu einen ähnlichen Ausgangspunkt, wie mit einem Welpen vom Züchter. Anders ist das mit älteren Hunden aus dem ausländischen Tierschutz oder aus dem Tierheim: Sie können einfacher, entspannter und anhänglicher sein als junge Hunde, wie der außergewöhnliche Fall von Djulio zeigt, aber auch das Gegenteil ist möglich, wenn zum Beispiel schlechte Erfahrungen mit Menschen zu Traumata geführt haben.

Gerade, wenn du ein Hundeanfänger bist, ist es sehr wichtig, das eigene Können sehr realistisch einzuschätzen und bei der Wahl auch UNBEDINGT den Rat von erfahrenen Menschen zu suchen. Wikipedia und Google sind bei der Hund-Frage einfach keine guten Ansprechpartner. Das gilt übrigens in jedem Fall – ob Rassehund, Mischling, Tierheim- oder Tierschutzhund.

3. Die ersten Wochen und Monate mit Hund

Die ersten Wochen mit einem Hund – deinem neuen Familienmitglied – sind eine Art Ausnahmezustand. Ihr zieht zusammen, ohne euch zu kennen. Irgendwie verrückt, wenn man mal darüber nachdenkt. Für den Hund ist es sogar noch verrückter: Er muss sich nicht nur an euch, sondern auch an völlig neue Lebensumstände und eine völlig neue Umgebung gewöhnen! Und er versteht in der Regel nicht einmal, wie, warum oder für wie lange er in dieser neuen Lage gelandet ist…

Umso wichtiger ist es, sich gut auf diese aufregende Situation vorzubereiten!

Vorbereitung auf den Einzug

Das Allerwichtigste, was du beim Einzug eines Hundes brauchst, ist ZEIT! Und zwar ganz viel davon. Im Idealfall hast du zwei bis drei Wochen Urlaub und keine Termine, die du zur Not nicht auch einfach absagen kannst. Home-Office ist super für ein Leben mit Hund, aber gerade in der ersten Zeit benötigt dein neuer Schützling sehr viel Aufmerksamkeit – der Versuch, das parallel zur Arbeit zu händeln kann eine aufregende Situation in enormen Stress verwandeln…

Mach dir bewusst, dass dein neuer Mitbewohner mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit noch NICHTS kann:

  1. Schaffe in der ersten Zeit ein möglichst ruhiges und sicheres Umfeld für euch beide, einen geschützten Raum, in dem ihr euch kennenlernen könnt und in dem Platz für Fehler, Patzer und Chaos ist.

  2. Dazu gehört auch, dass dein tierischer Begleiter nicht gleich jeden Menschen kennenlernen muss, den du kennst. Aufregende Dinge wie Menschen, viele andere Hunde, Bus- & Bahnfahren, ins Restaurant gehen... Das alles wird kommen, aber in den ersten ein bis drei Wochen solltet ihr einfach erst einmal in Ruhe als Team zu einander finden. Schritt für Schritt könnt ihr dann eure gemeinsamen Kreise erweitern.

  3. Hundeschule ist Pflicht, keine Kür: Am besten hast du schon einen Platz in einer Hundeschule oder bei einem Hundetrainer gefunden, bevor der Hund einzieht. Hundetraining beginnt nicht, dann, wenn Probleme auftreten, sondern ab dem Zeitpunkt, wenn der Hund einzieht! Nicht nur der Hund muss lernen, vor allem du musst auch wissen, wie du seine Sprache verstehen kannst, um richtig reagieren zu können.

  4. Hunde sind NICHT AUTOMATISCH stubenrein – sie müssen es lernen! Und das geht in den meisten Fällen nicht von heute auf morgen. Bis dahin musst du mal häufiger und mal seltener kleine und große Geschäfte im Haus/der Wohnung aufwischen. Vor allem in der Anfangszeit kann es wegen der Aufregung auch zu Durchfall oder Erbrechen kommen.

  5. Welpen schlafen nicht durch! Und auch ein älterer Hund kann nachts mal ein Problem haben, um das sich dann sofort gekümmert werden muss.

  6. Hunde müssen Alleinsein lernen: Alleine bleiben muss mit Hunden trainiert werden – und zwar sehr kleinschrittig, über große Zeiträume.

  7. Hunde können auch mal durchdrehen! Vor allem in neuen Situationen und bei viel Aufregung drehen Hunde auch mal durch – im wahrsten Sinne des Wortes: Vor allem Welpen bekommen sogenannte „Zoomies“, bei denen sie die Rute unter den Bauch ziehen und mit einem Affenzahn im Kreis rasen. Das ist ein Bewältigungsmechanismus und ganz normal!

  8. Vor allem Welpen haben eine orale Phase, wie Kinder: Das heißt, dass vor ihren Zähnen nichts sicher ist…

  9. Freilauf ist eine Königsdisziplin! Dass ein Hund ohne Wenn und Aber in jeder Situation auf ein Kommando zu dir kommt, ist eine absolute Meisterleistung von euch beiden, der sehr viel Arbeit und viel Vertrauen vorausgehen muss. Lass deinen neuen Hund also immer nur in sicheren, am besten in komplett abgesicherten Bereichen frei laufen, wo es zu keinerlei gefährlichen Situationen (z. B. Autos) oder unerwünschten Begegnungen (andere Hunde) kommen kann.

  10. Rückschritte & Fehler gehören dazu: Weder du noch dein Hund können alles richtig machen. Das Zusammenwachsen zu einem Team ist ein Prozess, der Mal länger und mal kürzer dauert. Es ist auch keine exakte Wissenschaft – manchmal muss auch getestet werden und die Erfahrung zeigt, ob etwas für euch individuell funktioniert oder nicht. Erwarte weder von dir noch von deinem Hund Perfektion!

Grundausstattung und Wohnung/Haus hundesicher machen

Bevor ein Hund einzieht, sollte alles Wichtige bereitstehen – und die Wohnung oder das Haus so vorbereitet sein, dass der Alltag für Mensch und Hund sicher und stressfrei ist. Ein Hund braucht mehr als nur ein Körbchen – und dein Zuhause braucht manchmal kleine (oder größere) Anpassungen.

Grundausstattung: Das brauchst du von Anfang an

  • Schlafplatz und Rückzugsort: Ruhiger, zugfreier Ort mit bequemer Decke oder Körbchen, manche Hunde lieben Höhlen, Boxen oder Zelte…

  • Futter- & Wassernäpfe: Am besten rutschfest und leicht zu reinigen

  • Halsband / Geschirr & Leine: Passend zur Größe und sicher im Handling

  • Transportbox / Sicherheitsgurt fürs Auto: Für sichere Fahrten

  • Futter: Am besten mit der bisherigen Pflegestelle oder Züchter abklären

  • Kotbeutel: Immer dabei – Pflicht, nicht Kür

  • Bürste / Fellpflegezubehör: Je nach Felltyp

  • Spielzeug & Kauartikel: Zum Beschäftigen und Stressabbau

  • Erste-Hilfe-Basisset / Zeckenzange: Für kleinere Notfälle

Wohnung oder Haus hundesicher machen – worauf du achten solltest

  • Giftige Pflanzen entfernen: Viele Zimmerpflanzen sind für Hunde gefährlich (z. B. Efeu, Dieffenbachie, Weihnachtsstern)

  • Putzmittel, Medikamente & Müll unzugänglich lagern: Hunde schnüffeln überall

  • Kabel sichern: Besonders bei jungen oder neugierigen Hunden

  • Balkone & Treppen sichern: Absturzgefahr nicht unterschätzen

  • Türen & Fenster sichern: Hunde lernen schnell, wie man rauskommt

  • Garten ausbruchssicher machen: Zaun, Tor, keine Lücken – besonders wichtig!

  • Keine „Tabuzonen“ ohne Training: Wenn etwas nicht betreten oder zerkaut werden soll, muss es entweder weg oder klar trainiert werden

4. Eine „Retoure“ ist KEINE Option

„Die Rückgabe eines Hundes ist für einen selbst die einfache Lösung - aber einen Hund zurückzugeben ist eine Katastrophe für den Hund und für diejenigen, die ihn auffangen müssen und all die Arbeit damit haben ihm zu helfen, die Enttäuschung aufzuarbeiten und problematisches Verhalten umzulenken.“
Malin Lidén

Deshalb ist es in puncto Hund so extrem wichtig, sich VORHER alle Eventualitäten und auch Worst Case-Szenarien bewusst zu machen, um dann ehrlich zu einer Entscheidung zu kommen, ob ein Hund wirklich das richtige für einen ist.

Tierschützerin Malin kniet neben ihren Hunden und lächelt. - Foto: Fotografie by Bärbel Meissner
Unsere Expertin

Malin ist Schwedin und lebt seit 28 Jahren im schönen Norden Deutschlands. Sie ist hauptberuflich Marketing Managerin. Seit 2021 ist sie im Tierschutz aktiv. Dabei fokussiert sie sich auf Hunde in Ungarn und ihre Arbeit für die Tierrettung Ausland e.V., aber befasst sich auch mit den Rechten von „Nutztieren“ und Umweltschutz.

Ihr Lebensmotto: Glück kommt von vielen kleinen Momenten und Zufriedenheit im Alltag - nicht von großen, spektakulären Erlebnissen.