Wahre Verbrechen!

Natascha Kampusch: 3096 Tage war sie die Sklavin ihres Entführers

Natascha Kampusch war gerade einmal zehn Jahre alt, als sie 1998 auf dem Schulweg ihren Peiniger traf ...

Natascha Kampusch: 3096 Tage war sie die Sklavin ihres Entführers
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Es war das erste Mal, dass sie allein zur Schule gehen durfte. Bisher hatte ihre Mutter sie immer hingebracht. Aber die zehnjährige Natascha Kampusch hatte so lange gebettelt, bis ihre Mutter endlich nachgab. Nun ging die Kleine durch die Wiener Melangasse. Da sah sie einen Mann vor sich – wenige Sekunden später zerrte er sie in einen weißen Mercedes-Lieferwagen. Es war der 2. März 1998 – das Ende ihrer Kindheit und der Beginn einer unfassbaren Martyriums. Natascha Kampusch sollte die nächsten achteinhalb Jahre als Gefangene leben – lebendig begraben.

*Triggerwarnung: In diesem Artikel geht es um Kindesentführung. Bei manchen Menschen kann dieses Thema negative Reaktionen auslösen. Bitte sei achtsam, wenn das bei dir der Fall ist.

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Das Kind fand sich in einem fünf Quadratmeter großen Kellerverlies wieder, dunkel, feucht, muffig, schallisoliert, hinter einer schweren Tresortür. Mit WC, Waschbecken und Lüftungssystem. Der Täter hatte in seinem Haus in Strasshof – 17 Kilometer von der Donaustadt entfernt – alles ganz genau vorbereitet. Wolfgang Priklopil († 44) war ein Psychopath mit Allmachtsfantasien und Wahnvorstellungen, anhänglich und aggressiv zugleich. Anfangs flehte Natascha ihn noch an, sie freizulassen. Irgendwann gab sie auf.

Doch sie versuchte, zu überleben, nicht zu verzweifeln, nicht durchzudrehen. Sie flüchtete sich in Bücher, sah sehnsuchtsvoll im Fernsehen, wie das Leben draußen aussah. Nach einem halben Jahr ließ Priklopil sie stundenweise aus dem Verlies. Er hielt sie als Gefährtin und als Putzfrau. Sie musste kochen und den Haushalt führen – meist halb nackt – und im Garten arbeiten. Er ließ ihr keinen Freiraum, ging mit ihr auf die Toilette. Gehorchte sie nicht oder machte Fehler, bestrafte er sie, schlug sie, fügte ihr Brandwunden zu, rammte ihr ein Messer ins Knie. Sie traute sich nie, um Hilfe zu schreien, denn er hatte gedroht, sie umzubringen und alle, die ihr helfen wollten.

Sonntags kam die Mutter von Priklopil, um für den Sohn vorzukochen. Sie wusste nichts von dessen Doppelleben. Und drei Meter unter der Erde zitterte Natascha in ihrem Verlies.

Manchmal sahen Nachbarn das Mädchen im Garten, in der Garage. Dann erzählte Priklopil höflich lächelnd, sie sei eine Jugoslawin, die ihm im Haushalt etwas behilflich sei. Die grausame Wahrheit konnten die Nachbarn nicht ahnen

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Dann kam der 23. August 2006. Die mittlerweile 18-Jährige musste seinen Wagen reinigen und Staub saugen, als gegen 13 Uhr sein Handy klingelte. Er entfernte sich wegen des Staubsaugerlärms einige Meter, passte wenige Sekunden nicht auf. Da sah Natascha plötzlich ihre Chance: Sie rannte los! Ihr Peiniger hatte versehentlich eine Gartentür offen gelassen, sie fand sich in einem Gang wieder, panisch und orientierungslos, und sprach mehrere Passanten an. Doch niemand half ihr. Dann bat sie eine Frau in einem Garten um Hilfe. "Ich werde verfolgt! Rufen Sie die Polizei!" Und: "Ein Mann ist hinter mir her, und wenn der kommt, dann ist es nicht gut, für uns beide nicht."

Weder die Frau noch die Polizei wollten ihr zunächst glauben, sie hielten sie für geistig verwirrt. Doch dann schlug die Nachricht ein wie eine Bombe: Das Mädchen, das alle längst für tot gehalten hatten – es lebte! Priklopil war Natascha nicht nachgerannt, er setzte sich in seinen roten BMW, raste los. Dann stieg er aus, legte er seinen Kopf auf die Schienen nahe dem Nordbahnhof. Bald kam der Zug.

Natascha Kampusch (heute 34) wurde psychologisch betreut, schrieb ihre Erfahrungen in einem Buch auf und arbeitete erfolgreich als Moderatorin und Schmuckdesignerin. Was bleibt, ist die Erinnerung an ein Kellerverlies – und an eine Kindheit in der Hölle.

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