Interview

Victoria van Violence über ihr Buch "Meine Freundin, die Depression"

Mutiges Buch einer mutigen Frau: Victoria van Violence hat mit "Meine Freundin, die Depression" ein schonungslos ehrliches Buch über ihre Depressionen geschrieben. In unserem Interview verrät sie, warum sie mit dem Thema an die Öffentlichkeit geht.

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Victoria van Violence spricht in "Meine Freundin, die Depression" über Tabu-Thema

Offen und fröhlich: Victoria van Violence wirkt auf den ersten Blick nicht wie jemand, der unter Depressionen leidet - und doch hat die Influencerin seit Jahren mit der psychischen Krankheit zu kämpfen. Vor zwei Jahren wagte sie ihr "Outing" in den sozialen Netzwerken und bekam viel positives Feedback. Ein Grund mehr ein Buch über ihre Erfahrungen mit der Erkrankung zu schreiben. Mit "Meine Freundin, die Depression" will die Influencerin das Tabu-Thema nun einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen.

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Warum machst du das Thema Depression öffentlich?

Victoria van Violence: "Es gibt immer noch ein Stigma in der Gesellschaft. Es heißt immer schöner, schneller, höher, aber psychisch krank zu sein wird nicht akzeptiert und rückt in den Hintergrund. Bei älteren Menschen ist es noch eher ein akzeptiertes Thema aIs bei jungen Menschen. Dass auch junge Menschen, die coole Jobs haben und in tollen Städten wohnen, an Depressionen erkranken, stößt immer noch auf viel Unverständnis. Das möchte ich ändern. Es gibt immer noch sehr viel Unsicherheit, was das Thema betrifft. Erst wenn Prominente Suizid begehen, wird das Thema kurzzeitig öffentlich gemacht."

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Warum glaubst du, dass junge Menschen Depressionen bekommen?

Victoria van Violence: "Dafür gibt es zwei Gründe, die ich auch in meinem Buch beschreibe. Der erste Grund: Wir leben in einer Welt, in der wir sehr viele Möglichkeiten haben. Wir können sehr frei und selbstbestimmt leben, aber es birgt auch die Gefahr, dass man sich da verliert, den Anschluss nicht findet und nicht weiß, wohin mit sich. Ein weiteres Problem sind Cyber-Depressionen: Soziale Medien und der permanente Konkurrenzkampf, einen tolleren Urlaub zu haben, das bessere Frühstück zu posten als die anderen. Man misst sich ständig und befindet sich im permanenten Konkurrenzkampf. Damit haben junge Leute extrem zu kämpfen, das sind ganz andere Probleme, die dazu kommen, als unsere Eltern und Großeltern haben."

Wie kamst du auf den Buchtitel "Meine Freundin, die Depression"?

Victoria van Violence: "Für mich ist die Depression eine Freundin. Mit einer Freundin ist ja auch nicht alles eitel Sonnenschein, sondern da sagt man sich auch mal die Meinung, ist ehrlich zum anderen und das tut auch manchmal weh, aber man ist auch versöhnlich miteinander. Die Depression gehört zu mir, wie eine langjährige Freundin. Die Herausforderung bei jeglichen psychischen Erkrankungen ist, die Krankheit zu akzeptieren und zuzulassen. Erst dann kann man an den Problemen arbeiten. Früher war meine Depression wie eine lästige Mitbewohnerin, dann habe ich gesagt "Okay, wir wohnen hier jetzt zusammen."

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Was ist die zentrale Botschaft deines Buches?

Victoria van Violence: "Es geht mir darum, Betroffenen Mut zu machen, ihnen Hoffnung zu geben. Ich möchte ihnen zu sagen, dass sie nicht alleine sind, dass sie normal sind und so etwas passieren kann. Sie sollen sich nicht wie ein Alien fühlen. Außerdem möchte ich auch Interessierten und Angehörigen Verständnis für Betroffene vermitteln."

Ab wann sollte sich jemand Hilfe holen und eine Therapie machen?

Victoria van Violence: "Wenn man sich über einen längeren Zeitraum in einer Abwärtsspirale befindet und lebensmüde Gedanken hat, sollte man sich Hilfe holen und zum Arzt gehen. Eine Patentlösung gibt es leider nicht, da Depressionen unterschiedliche Auslöser haben können. Es können auch körperliche Ursachen, wie Vitamin-D-Mangel, zu Depressionen führen. Bei psychischen Ursachen kann ich aus meiner Erfahrung definitiv zu einer Therapie raten."

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Wie beurteilst du deine Erfahrungen in der Psychiatrie?

Victoria van Violence: "Für mich war mein Klinikaufenthalt durchweg positiv. Man wurde 24 Stunden am Tag betreut, war nie alleine. Man hat einen geregelten Alltag und regelmäßige Mahlzeiten. Auch wenn die Überwindung sehr groß war, mich selbst einweisen zu lassen und es natürlich manchmal nervig war, sich mit Mitpatienten auseinandersetzen zu müssen war es eine positive Erfahrung. Wenn ein gewisser Punkt erreicht ist, geht es auch nicht anders und sorgt für die nötige Stabilität."

Machst du noch eine ambulante Therapie?

Victoria van Violence: "Auch wenn ich meine Depressionen mittlerweile im Griff habe, bin ich seit vier Jahren in therapeutischer Behandlung. Auch wenn es mir akut nicht schlecht geht, arbeite ich mithilfe des Therapeuten an den langfristigen Themen und Mustern, die da zusammenkommen."

Welche Tipps hast du für Betroffene?

Victoria van Violence: "Das Wichtigste ist, dass man sich der Depression stellt. Menschen, die unter Depressionen leiden, neigen dazu nicht um Hilfe zu fragen, aber sie sollten die Hilfe von Freunden und Familie annehmen. Sei es nur, dass sie einem helfen, bei möglichen Therapeuten anzurufen. Die Verantwortung für die Krankheit muss man allerdings selbst übernehmen, das macht kein anderer für einen. Im Gegensatz zu einer Erkältung nützt es nichts, abzuwarten und Tee zu trinken, sondern man muss aktiv dagegen angehen. Ich habe am Anfang auch schlimme Widerstände gehabt, mir Hilfe zu holen. Wer sich nicht an Bekannte wenden möchte, kann auch Die Deutsche Stiftung für Depressionen kontaktieren, sie ist auch Ansprechpartner für solche Fälle."

Danke, Victoria, für das mutige und ehrliche Interview!

Victoria hat ihr Leben mit einer Depression in einem Buch verarbeitet.
Victorias Buch "Meine Freundin, die Depression" ist am 10.09.2018 im erschienen und kostet 16,99 Euro. Foto: mvg Verlag