Lektion Porno

Warum Pornos Lust auf mehr Sex machen

„Schatz, lass uns Pornos gucken!“ Auch immer mehr Frauen stehen darauf. Experten verraten, was man von (guten) Pornos lernen kann – du wirst überrascht sein!

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Wir sind Weltmeister. Schon längst. Allerdings nicht nur gelegentlich im Fußball, sondern in einer ganz anderen Disziplin: dem Pornogucken. 12,5 Prozent aller Webseitenaufrufe in Deutschland sind Zugriffe auf pornografische Seiten, so eine Untersuchung des Marktforschungsunternehmens Similarweb. Weltweit liegen wir damit an der Spitze der Statistik. Und laut der Analyse sind 20 Prozent der Pornofans Frauen. Grund genug, sich das Phänomen Porno mal ein wenig genauer anzusehen.

Sind Pornos nur etwas für Männer?

Das Klischee, dass Pornos eine Männerdomäne sind, hält sich hartnäckig. Was die Inhalte betrifft, stimmt es leider in weiten Teilen immer noch, sagt Sexaktivistin und Sexshop-Besitzerin Laura Méritt (sexclusivitaeten.de): „Mainstream-Porn ist ganz klar auf den Höhepunkt des Mannes ausgerichtet. Die Frau hat viel zu ackern und wenig Raum für eigene Lust.“

Doch daneben gibt es mittlerweile sehr viel mehr Auswahl: „Frauen schauen auch Pornos, aber eben andere und das zunehmend“, weiß Laura Méritt. Denn es ist keineswegs so, dass Frauen nur von erotischer Lektüre à la „Shades of Grey“ angetörnt werden. Der New Yorker Wissenschaftsjournalist Pere Estupinya berichtet in seinem neuen, lesenswerten Buch „Sex – die ganze Wahrheit“ (Riemann Verlag) von Experimenten zur Erforschung der weiblichen Lust.

Dabei, so Estupinya, „wurde festgestellt, dass Frauen – wenn auch in geringerem Grad als Männer – ebenfalls von Videos stärker erregt werden als von Lektüre oder Fotografien“. Die Hypothese der Forscher, warum uns die flimmernden Bilder anmachen: Sie aktivieren Spiegelneuronen in unserem Gehirn, die uns das Gefühl geben, selbst an der Handlung beteiligt zu sein.

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Gemeinsam Pornos zu gucken törnt Paare an

Immer wieder liest man Schlagzeilen, dass Pornos Männer süchtig machen und eine Gefahr für den Beziehungssex darstellen. Doch laut Pere Estupinya, der zahlreiche Studien zu dem Thema gewälzt und Wissenschaftler interviewt hat, „weist alles darauf hin, dass der Nutzen für diejenigen, die Pornos genießen wollen, sehr viel größer ist als die Risiken“. Was nicht heißen soll, dass übermäßiger Pornokonsum kein Problem für die Beziehung sein kann. In diesem Fall muss man Kritikpunkte ansprechen und notfalls professionelle Unterstützung suchen.

Was die Studien aber auch zeigen: „Wenn Frauen Pornos gucken, berichten sie eher von größerer Zufriedenheit mit der partnerschaftlichen Sexualität“, sagt Psychologin Felicitas Heyne, Autorin von „Fremdenverkehr“ (Goldmann). Vermutlich auch, weil sie – anders als die meisten Männer – gewöhnlich nicht allein vor Flimmerkiste oder Laptop sitzen, sondern Filme bewusst gemeinsam mit dem Partner ansehen, was die Paar-Sexualität immens bereichern kann.

Das im Porno gesehene nachmachen?

Von herkömmlichen Pornos sollte man sich allerdings besser nicht zu viel In­­spi­­ration erhoffen. „Da werden Klischees bedient, die nichts mit der Realität und der Lust eines Paares zu tun haben “, findet Autorin Nina Engele („Auf die Plätze, fertig, Sex!“, Schwarzkopf & Schwarzkopf). Als Beispiele: Akrobatische Stellungen, die nichts zum Lustgewinn beitragen. Und: „Bei Frauen wird oft an Stellen herumgerubbelt, wo niemals je eine Klitoris gewesen ist“, weiß Erotik-Autorin Sophie Andresky (aktuelles Buch: „Dark Room“, Heyne Hardcore).

„Frauen lecken in Wirklichkeit nicht mit ekstatischer Lust Dildos ab.“ Außerdem irreführend: „Die Vorstellung, dass Vorspiel immer Oralsex bedeutet“, so Nina Engele. Auch überzogene Körperbilder im Intimbereich sollten keine Inspiration sein. Stichwort: Intim-OPs und Anal-Bleaching. Ebenfalls ein No-go: „Dass seine Ejakulation in ihrem Gesicht endet“, so Laura Méritt. Und Bianka Jaschinsky, Expertin beim Online-Erotikshop Amorelie, rät: „Wovon sich Frauen auf keinen Fall beirren lassen sollten, ist die Tatsache, dass die Darstellerinnen in den Filmen innerhalb von wenigen Minuten mühelos zum Orgasmus kommen.“

Und ein Insider kritisiert: „Oft wird in Pornos eine schrecklich monotone 08/15-Choreografie heruntergerattert“, sagt Pornodarsteller Till Kraemer. Außerdem verrät er: „Bei Popo-Spielchen wie Analsex und Anilingus sollte man sich als Laie klarmachen, dass die Darsteller zuvor eine Darmreinigung mit Klistier & Co. gemacht haben.“ Vorsicht ist auch bei Sadomaso geboten: Das ist nicht so easy, wie die Filme suggerieren.

„Man sollte sich sehr behutsam vortasten und genau schauen, was dem Partner und einem selbst guttut“, so Till Krae­mer. Autorin Sophie Andresky zieht ein Fazit: „Wenn man Humor hat, kann man sich über die meisten Pornos amüsieren, so bizarr und abwegig ist vieles. Der Lerneffekt geht gegen null.“ Nachmachen? Auf keinen Fall. Wir glauben ja auch nicht, dass der sonntägliche Tatort echte Polizeiarbeit zeigt.

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Clever auswählen

Doch nicht alles, was Porno heißt, ist automatisch schlecht. Bei den Erotik­-Filmen, die wir sehen, müssen wir einfach besser auswählen. Erotik-Expertin Andresky sagt: „Nur weil die ersten zehn Filme grottenschlecht waren, heißt das nicht, dass es keine guten gibt. Das ist wie beim Shoppen: Die ersten zehn Jeans sehen furchtbar aus, aber die elfte passt und man fühlt sich plötzlich schön und sexy.“ Es lohnt sich, nach Filmen zu suchen, die dem eigenen Geschmack entsprechen:

„Wenn du die richtige Art von Porno für dich und deinen Partner findest, wirst du merken, dass da draußen eine ganze Welt der Sexualität wartet, die du sonst nie entdeckt hättest – und das wird zu mehr und mehr Neuem führen“, sagt die schwedische Pornofilm-Regisseurin Erika Lust, berühmt für ihre frauenfokussierten Filme. Psychologin Felicitas Heyne meint:

„Frauen bevorzugen das, was die Forscher ,couples porn‘ nennen: mit Handlung und softeren Einstellungen.“ Und nicht nur Frauen haben etwas davon, bes­sere Pornos zu gucken. „Die Erfahrung zeigt, dass auch Männer gern zu hochwertigeren Pornos greifen, die beide Geschlechter respektvoll darstellen und die sie mit ihrer Partnerin schauen können“, so Sexaktivistin Laura Méritt.

Was wir von (guten) Pornos lernen können

Die Lust kann davon nur profitieren. Regisseurin Erika Lust zählt auf: „Sich von erotischem Material anregen zu lassen, kann die Libido erhöhen, die Kommunikation mit dem Partner verbessern, einem helfen zu erkennen, was man mag und was man nicht mag. Es kann einen inspirieren, neue Dinge wie Toys oder Stellungen zu probieren und erotische Fantasien zu kreieren.“Warum also nicht mal den Liebsten spielerisch fesseln und ihn dann dabei zusehen lassen, wie man sich selbst beglückt – wie in Erika Lusts Kurzfilm „Sit Down, Shut Up and Watch“ (auf xconfessions.com), oder mal wie in „Shame“ Sex an der Fensterscheibe haben?

Nicht zu empfehlen, wenn man Nachbarn direkt gegenüber hat, aber irre heiß, wenn die Sicht frei ist. Warum nicht mal die Küche für einen scharfen Quickie nutzen wie in Erika Lusts „Before the Guests arrive“? Probier doch mal diesen Porno-Move aus, wenn du auf dem Bauch neben deinem Partner im Bett liegst: Greif nach seiner Hand und führ sie in dein Höschen. Lass ihn, ohne weiteren Körperkontakt, mit dir spielen.

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Alles ist erlaubt

Der Vorteil: Die Intensität bestimmst du, denn du kannst dich ganz nach Lust und Laune an seiner Hand reiben, bis du explodierst. Übrigens zeigen Studien, dass Frauen bei Pornos ganz besonders auf „Außenaufnahmen“ stehen. Vielleicht wäre es in diesem Sommer eine gute Idee, die Fantasie von heißem Sex im Freien auf die eine oder andere Weise umzusetzen? Damit erinnern uns Pornos eigentlich nur an etwas, was wir selbst längst wissen, aber manchmal vergessen: Sex kann immer und überall passieren – wenn wir es denn wollen.

Weitere gute Ideen: Po und Hoden bei ihm als erogene Zone entdecken und ins Liebesspiel mit einbeziehen. Vielleicht kann er sich sogar vorstellen, dass du ihn mal mit einem Strap-on-Dildo von hinten nimmst? Oder ihr knüpft an die ersten eigenen Erotikerfahrungen an und macht wie die Teenies „Heavy Petting“: Alles ist erlaubt, solange die Klamotten anbleiben. Was Männer an Pornodarstellerinnen mögen, ist sicherlich auch, dass sie ihren Körper so selbstbewusst und lustvoll präsentieren – bitte nachmachen! Und verpack deine Schätze mal wieder in heiße Dessous.

Auch Rollenspiele sind eine gute Porno-Inspiration. Du musst ja nicht gerade die klischeebeladene Krankenschwestern-Uniform anziehen – aber vielleicht verrät dein Liebster dir ja, dass er immer noch von der Nummer träumt, die ihr nach der Wohnungsrenovierung hattet und deswegen deinen alten Overall irre sexy findet. Das können Pornos auf jeden Fall gut: uns miteinander ins Gespräch bringen und zum Nachdenken darüber, wie wir unseren Sex noch heißer, individueller und überraschender gestalten könnten.

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Schatz, schau doch mal

Du hast Lust bekommen auf einen erotischen Movie-Abend zu zweit? Super! Nur ein paar Dinge, die du beachten solltest. „Sprecht vorher ab, welche Praktiken ihr sehen oder keinesfalls sehen wollen“, rät Sophie Andresky. Bei vielen DVDs steht das drauf. Wenn ihr gemeinsam am Laptop Clips angucken wollt, ist es noch einfacher, denn dann gebt ihr einfach nur die entsprechenden Suchbegriffe ein (zum Beispiel Rollenspiel oder Bondage), bis Filmchen ganz nach eurem Geschmack angezeigt werden. Übrigens gilt:

„Pornos sind immer seltener ganze Filme“, weiß US-Sex-Bloggerin Jessi Fischer (sexademic.wordpress.com). Vielmehr bestehen sie oft aus kleinen erotischen Schnipseln, die uns anheizen oder erotische Fantasien bebildern, „Micro-Porn“, sagen Fachleute. Betrachtet den Film oder Clip vor allem als Vorspiel für den eigenen Sex. Ihr müsst nicht bis zum Ende schauen, um herauszufinden, „wie es ausgeht“, sondern könnt jederzeit ausschalten und zum eigenen Hauptprogramm übergehen.

Szenen, die euch nicht gefallen, überspringt ihr einfach. Auch eine gute Idee, wenn ihr die Dialoge zu albern oder abtörnend finder: Dreht den Ton ab und ersetzt ihn durch eure eigene Playlist. Wenn wir Pornos nach unseren eigenen Wünschen finden und gestalten, dann zeigen sie uns wirklich etwas Sinnvolles, nämlich, so Porno-Regisseurin Erika Lust, „dass es Millionen verschiedener Arten gibt, Lust zu geben, zu empfangen und zu erleben“. Das ist doch mal eine Lektion, die sich lohnt.

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