Free Bleeding: So funktioniert die freie Menstruation
Immer mehr Frauen entscheiden sich für die freie Menstruation. Doch wie genau funktioniert das 'Free Bleeding' und ist es überhaupt hygienisch?
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Free Bleeding bedeutet ohne Tampons, Binden, Menstruationstassen, Period Panties oder sonstige Hygieneartikel durch die Periode zu kommen. Befürworter*innen der freien Menstruation argumentieren mit dem Freiheitsgefühl und der Natürlichkeit. Andere wiederum nutzen das freie Menstruieren, um auf die Periodenarmut aufmerksam zu machen. Doch wie funktioniert Free Bleeding?
Free Bleeding: Was ist die freie Menstruation?
Bei der freien Menstruation lernst du, mehr Achtsamkeit für deinen Körper zu entwickeln und zu spüren, wann genau du blutest. So wie wir ja sonst auch spüren, wann wir auf Toilette müssen, um unsere Blase zu entleeren, kannst du bei der freien Menstruation lernen zu merken, wann es an der Zeit ist, auf der Toilette Blut abzulassen. "Wenn man sich dem Vorgang einmal bewusst zuwendet, wird man feststellen, dass die Menstruationsflüssigkeit nicht permanent tröpfelt, sondern immer wieder in einem kleineren Schwall abgelassen wird", schildert die Gynäkologin Prof. Dr. Mandy Mangler den Sachverhalt (vgl. S. 98, "Das Große Gyn Buch"). "Dieser Schwall macht sich vorher oft mit einem leichten Ziehen oder ähnlichem bemerkbar und kann mehr oder weniger in der Vagina festgehalten werden, bis der Weg auf eine Toilette gebahnt ist", erläutert Mangler.
Nicht nur der Punkt der Natürlichkeit und der achtsame Umgang mit deinem Körper, auch der Aspekt der Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle bei der Entscheidung für das freie Bluten: bis zu vier Tampons oder Binden am Tag verbraucht eine Frau. Eine Menge Müll, wenn du bedenkst, dass wir ungefähr über einen Zeitraum von 30 Jahren im Schnitt einmal im Monat menstruieren. Auch der Kampf gegen die hohen Preise der Hygieneartikel nennen viele Frauen als Grund. Immerhin wurde die sogenannte "Luxussteuer" abgeschafft, trotzdem müssen Frauen für ihr hygienisches Grundbedürfnis immer noch hohe Kosten in Kauf nehmen.
Anleitung: Wie lernt man Free Bleeding?
Die Technik des Free Bleedings funktioniert, indem durch eine gezielte Anspannung der Beckenbodenmuskulatur das Periodenblut im Körper gehalten wird, "bis es beim Toilettengang durch Entspannung des Beckenbodens kontrolliert losgelassen wird", erklärt die Zyklusberaterin Anne Schmuck ergänzend (vgl. S. 122, "Meinen Zyklus lesen und verstehen"). Das klingt komplizierter, als es ist. Allerdings wird es dir vermutlich nicht von heute auf morgen gelingen. Denn das "bewusste Loslassen und Entspannen des Beckenbodens braucht etwas Übung", erklärt Anne Schmuck (vgl. S. 122). Hier macht Übung die Meisterin. "Zu Hause und – wenn man möchte – anfangs unterstützt durch eine Binde oder einen Menstruationsslip, kann das jede einmal ausprobieren", empfiehlt Prof. Dr. Mangler (vgl. S. 98, "Das Große Gyn Buch").
Gerade in der Anfangsphase musst du noch häufiger auf Toilette gehen – etwa einmal pro Stunde, daher bietet es sich an, Free Bleeding an Tagen zu üben, an denen du zu Hause bist. Hierbei sollst du genau in dich hineinfühlen. Spanne den Unterleib an - und entspanne ihn wieder. Du wirst feststellen, wie du das Blut abfließen lassen kannst. Das erfordert allerdings ein wenig Zeit auf der Toilette, um sicher zu sein, dass das vorhandene Blut gänzlich abgeflossen ist. Auch Anne Schmuck empfiehlt, sich dabei Zeit zu lassen und zu versuchen, ganz bewusst die Muskulatur zu entspannen. Ihr Tipp dazu ist: "Das geht leichter, wenn du dabei auch deinen Kiefer entspannst, indem du den Mund leicht öffnest und bewusst laut ausatmest (das sogenannte Tönen)" (vgl. S. 122).
Nach Erfahrungsberichten im Internet kann so ein Klogang in der Übungsphase schon mal 5 bis 10 Minuten dauern - und gerade in den ersten Tagen der Menstruation auch häufiger als einmal die Stunde nötig sein. Da das Blut bei der Menstruation ja nicht stetig fließt, sondern in Intervallen, benötigst du eine Weile, um ein Gefühl dafür zu entwickeln. Irgendwann hast du gelernt, wie es sich anfühlt, wenn gleich wieder ein "Schub" kommt und kannst rechtzeitig die Toilette aufsuchen.
Echte Profis der freien Menstruation können angeblich so einen Schub auch eine Zeit lang zurückhalten und brauchen auch nachts keinen Schutz. Für sie soll es reichen, wenn sie abends und morgens auf Toilette gehen. Eine gute Beckenbodenmuskulatur sollen das A und O dafür sein.
Tipp: Auch wenn du bereits geübter im Free Bleeding bist, schadet es nicht, Period Panties zu benutzten. Falls du mal nicht direkt zur Toilette gehen kannst oder länger unterwegs bist als gedacht, bist du so immer auf der sicheren Seite. Auch fürs Schlafen ist das ein hilfreicher Tipp, um nicht zwischendurch nachts raus zu müssen.
Was sind die Vorteile der freien Menstruation?
Manche mag es wundern, aber beim genaueren Nachdenken erscheint es logisch, dass die freie Menstruation hygienischer ist, als Tampons oder Binden zu nutzen. Denn mit Tampons geraten immer wieder Keime in die Vagina. Mit Binden fühlen wir uns oft nicht so sauber und frisch.
Wenn du auf Binden und Tampons verzichtest, hast du keine Bleichmittel, Pestizide und andere bedenkliche Stoffe vor oder in der Vagina. Du musst auch keine Binden oder Tampons mehr kaufen und mit dir herumtragen, es produziert weniger Abfall. Außerdem reduziert Free Bleeding Regelschmerzen, da weniger Druck entsteht.
Was sind die Nachteile der freien Menstruation?
Der Weg zum Profi ist leider unangenehm und wirklich nur für Frauen geeignet, die die Zeit und Muße haben, sich darum zu kümmern. Gerade im Job stellen wir es uns eher schwierig vor, einmal die Stunde länger auf Toilette zu gehen.
Außerdem ist die freie Menstruation nicht für jede Frau geeignet: wenn du zum Beispiel zu einer sehr starken Regelblutung neigst, bist du nicht unbedingt eine passende Kandidatin für das freie Menstruieren.
Außerdem solltest du beachten, dass gewisse Sportarten deinen Beckenboden an- oder entspannen, was dazu führen kann, dass ungewollt Blut fließt. Auch hier kann Menstruationsunterwäsche helfen.
Free Bleeding als Form des Menstruations-Aktivismus
Die Gynäkologin Prof. Dr. Mandy Mangler macht in ihrem Buch "Das Große Gyn Buch" (vgl. S. 98 f.) auch auf den anderen, wichtigen Motivationsgrund fürs Free Bleeding aufmerksam: und zwar den Menstruations-Aktivismus, der "mitunter medienwirksam durch Sportlerinnen vertreten" wird, wie z. B. durch Madame Ghandi, die 2015 einen Marathon lief – mit gut sichtbarem Menstruationsblut in der Leggings. Ziel dessen ist, "mit einem sichtbaren Blutfleck auf all die Frauen weltweit" hinzuweisen, "die keinen Zugang zu Periodenprodukten haben und deswegen zum Beispiel in der Schule fehlen, immer noch wegen ihrer Periode beschämt werden oder unter Periodenarmut leiden", schildert die Expertin.
Quellen
Mandy Mangler: Das große Gyn Buch. Selbstbewusst für den eigenen Körper entscheiden. Sex, Zyklus, Wechseljahre aus weiblicher Sicht neu verstehen. Krankheiten erkennen und therapieren. Insel Verlag: 1. Auflage (2024). 496 Seiten.
Anne Schmuck: Meinen Zyklus lesen und verstehen: Zyklusbewusst leben - Hormone in Balance bringen. Hilfe bei Menstruationsbeschwerden, PMS und PCOS. TRIAS Verlag: 1. Aufgabe (2024). 153 Seiten.