Rat von der Expertin

Kontakt abbrechen: So machst du mit einem Familienmitglied Schluss

Wann sollte man den Kontakt zu einem Familienmitglied abbrechen und wie gelingt das am „elegantesten“? Hier gibt es Tipps von der Familientherapeutin Marthe Kniep. 

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Aktiv den Kontakt zu einem Familienmitglied abzubrechen ist ein großer Schritt. Er kann eine längst fällige Rettung sein, erleichternd und sich einfach nur richtig anfühlen. Doch der Schlussstrich kann auch eine grausame Strafe oder trotzige Überreaktion sein.

Jeder Kontaktabbruch ist eine individuelle Entscheidung

Damit es nicht hinterher schlimmer als vorher ist, sollte deshalb in jedem einzelnen Fall abgewogen werden, ob ein Kontaktabbruch wirklich die einzige Möglichkeit ist, sich dauerhaft vor den Verhaltensweisen eines Familienmitgliedes zu schützen oder das Geschehene hinter sich zu lassen.

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Manchmal ist eine Beendigung des Kontaktes ganz klar richtig. Und trotzdem ist es nicht immer leicht, diesen Schritt dann wirklich zu vollziehen. In manchen Fällen ist es aber auch möglich, mit dem Vorgefallenen anders umzugehen, sodass vielleicht trotzdem noch Abstand wichtig ist, aber eine langsame Annäherung, Aussprache oder Klärung möglich wird. Was möglich ist, hängt immer vom individuell erfahrenen Leid, den persönlichen Ressourcen und der Unterstützung durch das soziale Umfeld ab.

Gründe, die einen Kontaktabbruch rechtfertigen

Aus therapeutischer Sicht sind es vor allem Angriffe auf das Leben eines Menschen, die einen Kontaktabbruch rechtfertigen oder gar erfordern, um sich langfristig vor dem anderen zu schützen. Dazu gehören Mordversuche, Mordandrohungen, gewalttätige körperliche Übergriffe wie Schläge, Missbrauch und Vergewaltigung. Es kann aber auch Diebstahl oder ein anderer krimineller Akt sein, in den man (unwissentlich) mit hineingezogen wurde. Wenn jemand einem anderen zum Beispiel seine Schulden „überhängt“, ihn anderweitig um sein Vermögen betrügt oder in Konflikte mit der Justiz bringt, die ihn die Freiheit kosten.

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Das Leben schreibt jedoch noch ganz andere Geschichten und jeder geht anders mit dem um, was er oder sie erlebt hat. Deshalb gibt es keine verbindliche Liste für faktische oder moralische Gründe, die einen Abbruch in jedem Fall rechtfertigen. Entscheidend ist die persönliche Bewertung des Erlebten. Wie schlimm war es für mich ganz persönlich? Kann ich dem Menschen jemals wieder in die Augen schauen oder muss ich ein für alle Mal Schluss machen? Eine Entscheidung, die manchmal erst reifen muss und für die es viel Stärkung braucht, um sie auszusprechen – erst mal vor sich selbst und dann vor dem anderen. Gerade dann, wenn es um ein Familienmitglied geht.

Was den Abbruch oft so schwer macht

Das unsichtbare Band, mit dem Familienmitglieder miteinander verbunden sind, kann eine sehr starke Verbindung sein. Deshalb suchen sich viele Menschen Unterstützung, um sich trotz starker familiärer Bande von jemandem lösen zu können. Oft bedarf es einer längeren therapeutischen Begleitung, um alles, was emotional noch an dem Thema dranhängt einzubeziehen.

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Denn neben der Erleichterung oder dem Schutz, den ein Kontaktabbruch mit sich bringen kann, sind oft gleichzeitig Verluste zu betrauern. Darüber, was man entbehrt hat und was einem schreckliches widerfahren ist. Aber auch darüber, was die betreffende Person neben dem Unverzeihlichen vielleicht auch Gutes in das Leben des anderen gebracht hat oder bringt.

Dazu kommt erschwerend: Der andere wird den Abbruch in manchem Fall nicht einfach über sich ergehen lassen. Es gibt eben auch andere Ansichten auf das Geschehene. Und so muss mancher sich gefasst machen auf schlechte Nachrede, „Enterbung“ und andere Möglichkeiten, wie „der Ausgeschlossene“ seine verbleibende Wirksamkeit auf das Leben des anderen noch ausleben könnte. 

Doch manchmal gibt es auch ein Verstehen und Akzeptieren auf der anderen Seite, wenn jemandem zum Beispiel bewusst ist, dass er selber die Beziehung „verspielt“ hat und der Kontaktabbruch die einzig richtige Haltung ist.

Gedanken muss man sich auch darüber machen, wie innerhalb der Familie damit umgegangen werden kann, dass bei anderen vielleicht weiter ein Kontaktwunsch zur betreffenden Person besteht. Das kann innerhalb eines Familiengefüges einiges durcheinanderbringen. Mancher wird sich fragen: Auf welche Seite stelle ich mich? Ich mag doch beide. Und mich hat es nicht direkt betroffen, was zwischen den beiden war. Man entscheidet manchmal also nicht wirklich nur für sich allein. Deshalb braucht es manchmal ein klärendes Gespräch mit den indirekt Beteiligten, um einen möglichst guten Umgang mit dem Entschluss zu finden.

Vorsicht mit direkter Konfrontation

Eine weitere Entscheidung braucht es für die Frage, wie ich den Beschluss mitteile: Mache ich es persönlich? Und wenn ja: Vis-à-vis, schriftlich oder verschwinde ich „einfach“ aus dem Blickfeld und Wirkungskreis des anderen? Manch einer braucht Schutz davor, dem Übeltäter persönlich gegenüber zu treten. So ein Schutzbedürfnis muss unbedingt beachtet werden. Niemand sollte sich etwas abverlangen, was mit dem Risiko verbunden ist, von unerträglichen Gefühlen geflutet zu werden, die der andere in einem auslöst. Für andere ist es dagegen enorm wichtig, die angemessenen Worte persönlich zu übermitteln. Es kommt drauf an, was geschehen ist und wie viel Kraft jemand in so einem Moment der Konfrontation realistisch bei sich abrufen kann.

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Aussprache gut vorbereiten

Das Wichtigste ist, wirklich selber hinter seiner Entscheidung zu stehen, um sie kraftvoll vertreten und möglichen Widerständen besser trotzen zu können. Wer dann unbedingt eine Konfrontation versuchen will, kann dies im geschützten Rahmen einer Psychotherapie ausführlich vorbereiten. Andernfalls kann es passieren, dass man sich viel vornimmt und doch nur wenig davon umsetzen kann, weil die Anwesenheit der zu konfrontierenden Person einen möglicherweise erheblich schwächt und hilflos werden lässt oder zu Impulskontrollverlusten führt. Das alles kann mehr schaden als nutzen.

Abbruch in Briefform

In dem Fall ist ein Brief eine gute Form, dem anderen mitzuteilen, dass man aus guten Gründen keinen Kontakt mehr will. Hier ist bewusst Brief und nicht Mail oder WhatsApp gemeint. Denn ein handgeschriebener Brief erfordert, dass wir uns in Ruhe hinsetzen und jedes Wort bedacht durch unsere Hand aus dem Körper fließen lassen. Wir halten das Ergebnis in den Händen und wenn es noch nichts geworden ist, kann es kraftvoll zerknüllt oder verbrannt werden. Jeder Versuch bringt mehr Klarheit in einem selbst und hilft bei der Verarbeitung des Erlebten. Auch das eigenhändige Einstecken des Briefes in den Briefkasten kann als ganz bewusster Akt eine Phase abschließen.

Klarheit statt Vorwürfe

Geht es um die konkreten Worte, gibt es nicht die eine perfekte Art. Wichtig ist vor allem: Es muss klar rüberkommen, dass kein Kontakt mehr erwünscht ist. Weiß der andere genau, was vorgefallen ist, kann man sich eine Begründung im Grunde sparen. Vorwürfe zu formulieren bringt nichts, außer dass sie den anderen vielleicht „nötigen“, sich zu rechtfertigen. Und das will ja niemand mehr!

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Also ist es ausreichend zu formulieren, dass eine Grenze erreicht oder überschritten wurde, dies (möglicherweise) nicht wieder gut zu machen sei und man deshalb den Kontakt abbrechen werde. Oder, dass man lange versucht habe, einen Weg zu finden, nun aber verstanden habe, dass Abstand die beste Lösung sei, um zum Beispiel gut für die eigene Familie sorgen zu können, sich sicher zu fühlen, den eigenen Weg in Entschlossenheit und Selbstachtung gehen zu können, selber seelisch gesund zu bleiben oder was noch im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen sollte.

Verantwortung für das Geschehene bei dem anderen lassen

In manchen Fällen ist es wichtig, dass man die Verantwortung für das, was passiert ist, beim anderen lässt. Wenn ein Kind zum Beispiel durch einen Elternteil missbraucht wurde, trägt allein der Erwachsene die Verantwortung dafür und er muss mit der Schuld leben. Dies als erwachsenes Kind noch mal zu formulieren und mitzuteilen kann erleichternd sein. Zum Beispiel so: „Ich konnte nichts dafür. Ich war ein Kind und hätte deinen Schutz gebraucht. Du trägst die Verantwortung dafür. Ich lasse sie bei dir!“ Auch hier kann ein Therapeut eine gute Hilfe sein, die passenden Worte zu finden.

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Selber aktiv Verbindungen kappen

Abschließend kann noch klargestellt werden, dass man keine Kontaktaufnahme durch die andere Seite mehr wünscht und man jegliche Verbindung im Internet von sich aus kappen werde. Dies ist nicht nur für den anderen ein klares Statement. Es schützt einen auch selbst davor „rückfällig“ zu werden.

Nichts übereilen

Ein Kontaktabbruch ist eine Zäsur im Leben der betreffenden Menschen. Dies will gut überdacht sein. Denn so ein Schritt kann zwar zurückgenommen aber nicht rückgängig gemacht werden. Wenn der Entschluss nicht klar ist, ob der Abbruch wirklich „lebenslang“ gemeint ist, kann auch formuliert werden: „Ich gehe für unbestimmte Zeit auf Abstand und bitte dich, dies zu respektieren.“ Das ist auch klar, nur weniger absolut. Es hat den Vorteil, dass die Tür nicht gänzlich zugeschlagen wurde. Manchmal braucht es aber auch den „Tür-Knall“, damit es wirklich kraftvoll zu allen durchdringt, dass hier etwas beendet wurde, damit etwas Neues und Eigenes entstehen kann!

Text: Marthe Kniep

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