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Tierschutzhund Djulio: Wie er sein Lächeln verlor und in Schweden wiederfand

Hinter jedem Tierschutzhund steckt eine einzigartige Geschichte – Djulios berührt ganz besonders…

Tierschutzhund Djulios erste Tage bei seiner Pflegestelle - er besteht nur aus Haut und Knochen, ist von Wunden übersäht und rollt sich schutzsuchend zusammen.
Djulios erste Tage in seiner Pflegefamilie - er besteht nur aus Haut und Knochen und ist mit Wunden und Narben übersäht. Foto: Malin Lidén (privat)
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„Ich weiß noch genau wie ich den Facebook Post in April gelesen habe, der Titel war: ‚Wenn eine Seele langsam zerbricht‘.“
Malin Lidén

Djulios Geschichte beginnt - so weit wir sie kennen - in Ungarn. Dort wurde er mit etwa 3 bis 4 Jahren gefunden. Er wurde mit einer riesigen Bisswunde ins Tierheim gebracht, wo er medizinisch versorgt wurde.

Doch es war weder die Bisswunde noch sein schlechter Zustand, der ihn schnell bekannt und beliebt machte – es war sein Lächeln. Denn wann immer er Zuneigung geschenkt bekam, belohnte er, indem er seine Lippen hochzog und mit seinem ganzen Körper wedelte.

Bei über 200 Hunden geben nur drei Menschen alles, damit es ihren Schützlingen so gut wie möglich geht. Viel Aufmerksamkeit für einen einzelnen, gezeichneten und lächelnden Hund ist da einfach nicht möglich…

Nach zwei Jahren im Tierheim gab Djulio auf. Er wurde immer dünner und trauriger – er gab sich auf und verlor auch sein Lächeln.

„Wenn eine Seele langsam zerbricht“ – dieser Post von Tierrettung Ausland erreichte Tierschützerin Malin, die daraufhin alle Hebel in Bewegung setzte, um Djulios Leben und sein Lächeln zu retten.

Der Funke der Hoffnung

Djulios Rassebeschreibung sollte laut Malin am besten „Knutschkugel“ lauten. Auf dem Papier ist er jedoch ein Staff-Mischling und darf als ein solcher „Listenhund“ unter anderem nicht nach Deutschland vermittelt werden. „Listenhunde“ oder Mischlinge dieser Rassen sind daher besonders schwer zu vermitteln.

Das steckt hinter sogenannten "Listenhunden"

„Listenhunde“ sind ein heiß diskutiertes Thema. Die hier festgehaltenen Rassen wie Staffordshire Terrier sind in der Vergangenheit überdurchschnittlich oft durch aggressives Verhalten aufgefallen und landeten in dieser fragwürdigen Sammlung (die Bestimmungen und Rassen können von Bundesland zu Bundesland variieren).

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass keine Hunderasse von Natur aus gefährlich ist. Auffällige Beißstatistiken entstehen in der Regel, weil bestimmte, sehr muskulöse Rassen mit starkem Gebiss gezielt von Menschen angeschafft werden, um sie als Waffe einzusetzen.

Darunter leiden vor allem die Tiere, denn diese „Kampfhunde“ sind bei einer guten Sozialisierung und liebevoller Zuwendung ganz normale, freundliche, verspielte und loyale Familienhunde.

Malin, gebürtige Schwedin, sieht eine Chance: Sie fragt ihre Freundin in Schweden, ob sie jemanden kennt, der Djulio nehmen könnte. Und das Wunder geschieht: Freundin Ann zögert nicht und erklärt sich selbst bereit, Djulio als Pflegestelle aufzunehmen.

Djulios Reise in ein neues Leben

Kurz vor 07:00 Uhr am 4. Juni 2023 war es so weit: Malin erwartete Djulio in Wiesbaden - mit vielen Sorgen, die sich zunächst zu bestätigen schienen:

„Ich hatte Tränen in den Augen, vor mir stand ein Skelett mit Haut, überall Narben, ein Paar frische Wunden, inklusive eine abgebissene Schwanzspitze. Dieser Hund ist wirklich ganz schlimm gezeichnet vom Leben.“

Aber bei allem, was Djulio verloren hatte – seine Zuneigung zu Menschen und seine Liebe für Aufmerksamkeit war geblieben:

„Ich sah auch wie er sich an jeden Menschen eng randrücken wollte und wie seine kaputte Schwanzspitze dabei so intensiv wedelte, dass das Blut auf uns allen spritzte. Djulio wollte leben, und wir alle wollten ihm helfen. Eine Dose Nassfutter später waren wir schon dicke Freunde […]“
Malin Lidén

Von Wiesbaden aus fährt Malin mit Djulio zu sich nach Hause nach Heppenheim. Eine Zwischenstation, denn die kurzfristige Betreuung von Listenhunden ist in Deutschland glücklicherweise erlaubt, das Halten und Melden leider nicht. Zuhause bei Malin geht es dann auf zu Djulios erstem Spaziergang in sein neues Leben – und das erste Mal friedlich schlafen:

„Den Tag verbrachte er ganz eng bei mir auf dem Sofa, und so schlief er abends auch ein, in meinen Armen.“

Ein ganzes Dorf für Djulio

Djulio umarmte sein neues Leben – die erste Morgenrunde mit Malins drei anderen Hunden endet in einer ganzen Völkerwanderung: Die aus dem Dorf mobilisierten Gassigehhelfer wurden immer mehr, denn jeder der Djulio sah wollte seine Geschichte hören. Die Menschen waren traurig, wenn sie den vernarbten Hund sahen und seine Geschichte hörten – aber Djulio? Djulio war glücklich und ging auf die Menschen zu, drückte sich an sie und genoss jegliche Streicheleinheiten in vollen Zügen.

„Am Ende ging Djulio mit einem ganzen Fan Club durch das Dorf, eine Dame hatte nicht geplant mitzugehen, war aber von dem bunten Rudel begeistert und hat sich angeschlossen, in Hausschuhen.“
Malin Lidén

Djulio wird durch die Pflege von Malin und ihrem Mann Stefan schnell ein ganz normaler Hund – er schläft nachts durch, ist stubenrein, fährt Auto und ist lieb und verkuschelt. Zudem genießt er sein gesellschaftliches Leben im Dorf: Es vergeht kaum ein Tag ohne Einladung zu einem Festschmaus in einem anderen Garten.

Djulio blickt mit Malin in die Kamera - er erobert alle Herzen.
Foto: Malin Lidén (privat)

Ausreise nach Schweden: Ein kleiner Held im Memory Schaum

Die kaputte Schwanzspitze entwickelte sich leider zu einer Infektion – Djulio wurde sehr krank und erneut schien sein Leben auf der Kippe zu stehen.

Doch auch diesmal hat Djulio in all dem Pech Glück – er fängt sich und darf nach Schweden ausreisen.

Nach einer First Class-Reise in einer großen Hundebox auf einer orthopädischen Matratze aus Memory-Schaum und einer anschließenden Hotelübernachtung erreicht Djulio Schweden. Erste Etappe: Malins Haus an der Küste, wo Djulio auch das erste Mal Strand und Meer erleben darf.

Einen Wermutstropfen gab es jedoch: Die Infektion der Rute endet dann leider doch in einer Amputation. Ein Glück übersteht der noch immer sehr dünne Glück-im-Unglück-Vogel die für ihn sehr risikoreiche Narkose und auch die Operation. Eine kurze Rute ist am Ende ein geringer Preis für ein gesundes Leben…

Djulio sieht bei Malin und ihrem Mann Stefan zum ersten Mal Strand und Meer.
Djulio sieht bei Malin und ihrem Mann Stefan zum ersten Mal Strand und Meer. Foto: Malin Lidén (privat)

Happy End für Djulio?

Djulio zog zunächst bei einer neue Pflegefamilie, bei Malins Freundin Ann, ein, wo sich beide Pflegefamilien gemeinsam um seine Eingewöhnung kümmerten.

Djulio lebte sich auch hier schnell ein, genoss die Aufmerksamkeit und beanspruchte schnell Bett und Sofa für sich. Nach dem Entfernen seiner Bandage durfte er mit seiner Pflegefamilie und Hundeschwester Fanni einen großen Hundeauslauf besuchen, wo er das freie Laufen entdeckte. Später ging es gemeinsam in den Urlaub in ein Waldhaus am See. Dort zeigte sich, dass er Blaubeeren liebt – und leider auch unbeaufsichtigtes Grillfleisch…

Es dauerte nicht lang, da lernte Djulio seine Für-immer-Familie kennen: Der Hund einer Kollegin von Ann war vor kurzem gestorben und eine Urlaubsbetreuung endete in einer Adoption: Carina rückte Djulio nach Anns Rückkehr nicht wieder heraus. Er hatte sein Für-immer-Zuhause gefunden.

Tierschutzhund Djulio mit seiner Für-immer-Familie am Strand.
Djulio mit seiner Für-immer-Familie. Foto: Malin Lidén (privat)

Djulio heute: Ein Botschafter für Tierschutzhunde

Djulio auf Sylt.
Djulio sieht bei Malin und Stefan zum ersten Mal Strand. Foto: Carina Eklund (privat)

Djulio ist der beste Botschafter für Tierschutzhunde. Er zeigt, dass auch Hunde, die Schlimmes erlebt haben, zu traumhaften Begleitern werden können – wenn man ihnen eine Chance gibt. Er beweist zudem, dass es sich lohnt, niemals aufzugeben. Noch immer gewinnt er alle Herzen – nicht nur, weil er so offen und freundlich ist, sondern auch, weil er im Mittelpunkt einer ganz besonderen Tierschutzaktion steht:

Seit seiner Rettung lädt er – mit ein wenig Hilfe von Malin – jedes Jahr zu einer Vernissage in das schwedische Café „Lindas Ekocafe“ ein. Malin ist nämlich nicht nur engagierte Tierschützerin, sondern auch Aquarellmalerin. Im Rahmen dieser Aktion verkauft sie ihre Bilder und spendet den Erlös an die Hunde in Ungarn. Djulio ist selbstverständlich persönlich vor Ort – Ehrensache!

Gemeinsam mit Malins Hunden Puttony und Charlotte bildet er ein charmantes Trio, das unmissverständlich zeigt, welche Schätze in Ungarn noch auf liebevolle Familien mit großem Herzen warten.

Die Café-Besitzerin Linda ist inzwischen die beste Freundin der Drei und tut alles, um den Schützlingen in Ungarn zu helfen. Sie hat sogar eine feste Ecke im Café eingerichtet, in der sie Malins Produkte verkauft und Informationen über die Organisation Tierrettung Ausland bereitstellt.

Djulio erobert vielleicht nicht die ganze Welt – aber ganz sicher unzählige Herzen!

Du möchtest noch mehr Details zu Djulio und seinem Weg in sein neues Leben erfahren? Auf Malins Blog für Tierrettung Ausland kannst du alles nachlesen.

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Djulio mit seinen drei Retterinnen.
Djulio lädt jedes Jahr zu einer Vernissage in das schwedische Café „Lindas Ekocafe“ ein. Foto: Malin Lidén (privat)
Einladungsflyer zur Vernissage von Djulio und Malin
Werbung für Malins und Djulios Ausstellung. Foto: Malin Lidén (privat)
Dauerausstellung für Tierschutzhunde in Lindas Café.
Dauerausstellung für Tierschutzhunde in Lindas Café. Foto: Malin Lidén (privat)
Ecke der Ausstellung für Tierschutzhunde in Lindas Café.
Eine Ecke der Ausstellung für Tierschutzhunde in Lindas Café. Foto: Malin Lidén (privat)