Mythos im Check

Dead Vagina Syndrom: Was wirklich dahinter steckt

Angeblich sollen Frauen nicht mehr zum Orgasmus kommen, wenn sie zu oft masturbieren - das "Dead Vagina Syndrom" ist in aller Munde. Was ist dran an der Sache?

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Orgasmen sind etwas Schönes für jeden Menschen. Sie können durch Geschlechtsverkehr entstehen - ganz egal ob mit einem Penis oder einer Vagina -, aber auch durch Oralverkehr, Petting oder Selbstbefriedigung. Mit und ohne Vibrator. Doch ein Sexspielzeug soll zu starke Vibrationen und somit zu starke Reize verursachen können und die Vagina taub machen! Führt der Solo-Sex also wirklich zum Dead Vagina Syndrom oder muss der weibliche Orgasmus mal wieder als Opfer der Gegner der sexuellen Revolution herhalten?

Dead Vagina Syndrom: Taubheitsgefühl der Vagina durch den Vibrator?

Masturbieren macht blind, taub, die Augen bleiben stehen oder man wird mit Intelligenzminderung bestraft. Diese Vorurteile hat so gut wie jede*jeder schon einmal gehört und sie haben eins gemeinsam: Sie sind völliger Unsinn und sollen einfach nur die sexuelle Lust behindern und Menschen einer gewissen Kontrolle unterwerden. Selbstbefriedigung ist etwas ganz Natürliches und längst nichts mehr, wofür man sich schämen sollte. Die Wissenschaft ist sich sogar einig: Masturbation ist gesund. Das "Syndrom der toten Vagina" ist hingegen nichts mehr als ein zu weit gedachtes Phänomen. Und lenkt von realen Problemen wie mangelnder Lubrikation oder dem Lost Penis Syndrom ab.

Doch das Gerücht beherrscht das Internet und verunsichert Frauen. Wer zu häufig mit einem Vibrator masturbiert, soll angeblich an Orgasmusfähigkeit einbüßen. Sprich: Man kann zwar noch zum Höhepunkt kommen, aber schwieriger und weniger intensiv. Das Phänomen ist unter dem „Dead Vagina Syndrom“ bekannt.

Erklärt wird das Syndrom damit, dass durch das starke Vibrieren Nerven abstumpfen und langfristig geschädigt werden sollen. Tatsächlich lösen Sex-Spielzeuge Bewegungen aus, die man mit händischer Stimulation oder Penetration nicht erreicht. Viele Frauen, die das erste Mal einen Vibrator benutzen, empfinden das Vibrieren als sehr extrem. Mit der Zeit gewöhnt sich der Körper an die Stimulation. Zur Taubheit der Vagina kann es aber nicht führen.

Männer können Probleme durchs Masturbieren bekommen - ein Beispiel ist das Death Grip Syndrom.

Kann Selbstbefriedigung wirklich zum "Dead Vagina Syndrom" führen?

Interessant ist hier ein Zitat aus Dr. Jen Gunters "Vagina-Bibel", das eigentlich nicht direkt mit dem Dead Vagina Syndrom zu tun hat, aber einen guten Hinweis gibt, warum es vielleicht schwierig ist für manche Frauen, ohne Vibrator ausreichend Lust zu entwickeln, um in ihrem Körper einen Orgasmus zu erleben. "Für manche Frauen ist die Berührung der Klitoris beim Vorspiel oder beim Sex viel zu stark", erklärt sie. "Immerhin weist die ja mit die höchste Nervendichte im Körper auf. Wer hier einen Vibrator oder die Hand gar nicht mag, findet vielleicht die Stimulation mit der Zunge in Ordnung." Alternativ sei auch ein Stück dünner Stoff möglich, um den Reiz erträglich zu machen. (Gunter: Die Vagina-Bibel, S. 49) Eigentlich ist die Klitoris also hochempfindlich, aber wie viele Teile des Körpers kann auch sie an bestimmte Verhaltens- und Berührungsmuster gewöhnt werden.

Es kann also im Laufe der Zeit dazu kommen, dass du dich an die starken Reize eines Vibrators so sehr gewöhnst und die Masturbation zum Orgasmus so sehr optimierst, dass es ein wenig schwierig werden kann, anders zum Höhepunkt zu gelangen.

Das kann aber durch das "Drücken" gewisser "Knöpfe" gelöst werden - wenn du mit deinem Partner*deiner Partnerin einen guten Orgasmus haben willst und es nicht klappen will, ist es daher oft hilfreich miteinander sprechen worauf es bei euch ankommt, um diesen Zustand zu erreichen. Womit wir wieder bei der Kernfrage angekommen wären: Der Gewöhnungseffekt hat nichts mit einer Nervenschädigung zu tun, die Nervenenden an der Vagina sind also weiterhin völlig intakt - Sex-Toys wie Vibrator und Co. hin oder her.

Tatsächlich kann ein Taubheitsgefühl nach der Selbstbefriedigung entstehen – das sind jedoch lediglich Nachwirkungen des Orgasmus. Das „Dead Vagina Syndrom“ ist also nichts als ein Gerücht. Auch die Orgasmusfähigkeit wird durch den Gebrauch von Sex-Spielzeug oder häufiges Masturbieren nicht eingeschränkt. Im Gegenteil: Viele Frauen können auch während des Geschlechtsverkehrs besser zum Höhepunkt kommen, wenn sie bereits Erfahrung mit sich selbst gemacht haben. Sie wissen, was ihnen gefällt und welche Orgasmusknöpfe gedrückt werden möchten. Außerdem haben wir gelernt: Masturbieren ist gesund - und bekämpft Schmerzen

Dr. med. Heike Melzer merkt in "Scharfstellung: Die neue sexuelle Revolution" zudem an: "Generell ist Masturbation völlig normal und wertfrei zu betrachten, obwohl Religion, Psychologie, Medizin, Pädagogik und Gesellschaft hier ein Mitspracherecht mit teils sehr rigorosen und angsteinflößenden Ansichten beanspruchen. [...] Immer wieder kursierten Gerüchte und parawissenschaftliche Schauermärchen über diverse Erkrankungen von Rückenmarksschwund bis Blindheit und absurdeste Ideen, wie die, dass z. B. der liebe Gott einem dabei zuschauen könnte. Für uns aufgeklärte Erwachsene sind das alles fixe Ideen, die jeglicher medizinischen Grundlage entbehren, aber heranwachsende Kinder können diese fragwürdigen und manipulativen Statements in ihrer sexuellen Entwicklung deutlich verunsichern." (Melzer: Scharfstellung, S. 26-27)

Also, liebe Frauen: Weder ihr noch eure Klitoris wird vom Masturbieren taub. Und wenn das Gefühl doch mal weg ist, dann nur für kurze Zeit, weil ihr davor einen wunderbaren Orgasmus erlebt habt. Apropos: Kennst du schon unsere erotischen Geschichten?

Selbstbefriedigung mit den richtigen Sex-Toys

Da es also nur in sehr seltenen Fällen durch exzessiven Gebrauch von Sex-Toys zu Taubheitsgefühlen an der Vagina oder im Klitorisbereich kommen kann, kannst du deine Sexualität einfach ausleben, wie du es magst - ob einfach mit der Hand oder einem Toy. Dabei hilfreich sind verschiedene Arten von Sexspielzeug, das sich perfekt eignet, um einen wundervollen Orgasmus zu kriegen. Klar, partnerschaftliche Reize sind zwar schön, aber ebenso toll ist es, allein sexuell aktiv zu sein - ganz ohne Schauermärchen von bösen Folgen, die dir dein Leben nur schwermachen sollen.

Dieses Sexspielzeug ist ein sogenannter Auflegevibrator. Damit wird die Klitoris stimuliert, allerdings konzentrieren sich die Vibrationen und Druckwellen nicht allein auf eine einzige Stelle, was das Erlebnis besonders intensiv macht. Ein weiterer Vorteil sind die 11 verschiedenen Intensitätsstufen, so dass du das Toy genau so einstellen kannst, wie du es gerade haben willst.

Der G-Punkt-Vibrator ist ein klassischer Vibrator, allerdings ergonomisch in vielen Fällen etwas angepasst. Damit kannst du sowohl die Klitoris stimulieren, als auch in dich eindringen und dir den G-Punkt stimulieren. Durch verschiedene Intensitätsstufen kannst du das Toy benutzen, wie es für dich richtig ist.

Neben den klassischen Vibratoren und Auflegevibratoren gibt es auch hybride Toys, die beide Welten vereinen. Neben einem G-Punkt-Vibrator, der eingeführt werden kann, gibt es noch einen Klitoris-Sauger, der die Klitoris zusätzlich verwöhnt und die ein ganz besonderes Erlebnis auf dem Weg zum Höhepunkt beschert. Mehr Sex-Toys für jede Gelegenheit findest du in diesem Artikel.

Quellen

  • Gunter, Jen (2020): Die Vagina-Bibel. Südwest Verlag, München, 1. Auflage

  • Melzer, Heike (2018): Scharfstellung: Die neue sexuelle Revolution. Tropen Verlag/J. G.Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, Stuttgart.