Krankheiten

Restless Genital Syndrome: Erregungsstörung "wie kurz vor dem Orgasmus"

Wer unter dem Restless Genital Syndrome (RGS) leidet, fühlt sich ständig sexuell erregt. Über Symptome, Ursachen und die Heilung der Nervenstörung.

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Den Bewegungsdrang namens Restless Legs Syndrom (RLS) kennt jeder. Das sexuelle Pendant dazu kennt dagegen kaum keiner: das Restless Genital Syndrome, kurz RGS. Zum ersten Mal wurde es im Jahr 2001 beschrieben, von der Sexualwissenschaftlerin Sandra Leiblum. Sie nannte das Syndrom zunächst Persistent Sexual Arousal Syndrom (PSAS). Als später der Zusammenhang zwischen RLS und PSAS bewiesen wurde, wurde die Krankheit vom niederländischen Neuropsychiater Marcel Waldinger umbenannt.

Was sind die Symptome des Restless Genital Syndrome?

Das RGS ist eine Störung des peripheren Nervensystems - keine erhöhte Libido. Sowohl Frauen als auch Männer aller Altersgruppen können unter RGS leiden. Wie viele Menschen an RGS leiden ist allerdings nicht genau bekannt, da Betroffene oft Hemmungen haben, mit diesen intimen Beschwerden zum Arzt zu gehen. Experten vermuten dementsprechend eine hohe Dunkelziffer. Weltweit leiden tausende Menschen unter RGS - die Diagnosezahlen steigen kontinuierlich an.

Dabei verspüren die Patienten ständige Erregung im Intimbereich, ausgelöst durch winzige Reize, wie etwa den Kontakt mit der Unterwäsche, Vibrationen beim Aufzug- oder Autofahren, beim Staubsagen, Tragen enger Jeans oder bei langem Sitzen. Die Symptome können über Stunden, Tage, Wochen oder sogar Monate anhalten. Dabei kehren sie entweder zyklisch wieder oder bleiben konstant präsent.

Bei Frauen äußert sich RGS als Kribbeln, Ziehen, Pulsieren und Kitzeln im Genitalbereich. Im schlimmsten Fall können Frauen plötzlich irgendwo irgendwann am Tag einen Orgasmus bekommen. Betroffene Männer berichten dagegen u.a. von Samenergüssen ohne Erektion.

Mit sexueller Lust hat das Experten zufolge nichts mehr zu tun. Vielmehr empfinden Betroffene dabei ein unangenehmes Gefühl, in extremen Fällen sogar Schmerzen an Klitoris und Scheide (bzw. Penis), ausgelöst durch die Muskelkontraktionen während der Orgasmen.

Bei Frauen schwellen die Genitalien an, die Klitoris schmerzt und wird feucht (oder ejakuliert). Betroffene können bis zu 250 ungewollte und unerwartete, spontane Orgasmen am Tag erleben. Viele Patienten beschreiben die Symptome als "nervtötend" und "unaushaltbar."

Auf Dauer ist RGS für Betroffene dermaßen unerträglich, dass sie unter der Scham, Sorge, Ekel und Angst bis hin zu Depressionen und / oder Selbstmordgedanken leiden. Patienten scheint es unmöglich, ein normales Leben zu führen.

Die Diagnose von RGS erfolgt häufig durch Laboruntersuchungen oder Magnetresonanztomographien. Oft kommt das RGS in Verbindung mit dem RLS und erhöhtem Harndrang vor.

Wie entsteht das Restless Genital Syndrome?

Für RGS kommen diverse Ursachen in Frage. So steht das Restless Genital Syndrome zum einen in Verbindung mit hormonellen Veränderungen. Betroffen sind oft Frauen in oder nach den Wechseljahren, sowie Frauen, die hormonell behandelt wurden. Auch während der Schwangerschaft oder in bestimmten Zyklusphasen können die Hormonveränderungen RGS kurzzeitig oder dauerhaft auslösen.

Eine weitere mögliche Ursache können Medikamente sein. Einige Arzneimittel können den Nerven im Beckenbereich falsche Signale senden, sodass der Patient stets das Gefühl hat, masturbieren zu müssen. Laut der Medizinischen Hochschule Hannover können folgende Arzneimittel das RGS auslösen:

  • Trazodon (u.a. zur Behandlung von Depressionen)
  • Bupropion (u.a. zur Rauchentwöhnung)
  • Bromocryptin (u.a. zur Behandlung von Parkinson)
  • Venlafaxin (u.a. zur Behandlung von Angsterkrankungen)
  • Fluoxetin (u.a. zur Behandlung von Depressionen)
  • Paroxetin (u.a. zur Behandlung von Depressionen)
  • Sertralin (u.a. zur Behandlung von Depressionen)
  • Escitalopram (u.a. zur Behandlung von Panikattacken, Sozialphobien, Zwangsstörungen)
  • Citalopram (u.a. zur Behandlung von Depressionen)
  • Nefazodon (u.a. zur Behandlung von Depressionen)
  • Olanzapin (u.a. zur Behandlung schizophrener Psychosen)

Auch das Absetzen bestimmter Medikamente, wie etwa Antidepressiva, kann die dauerhafte sexuelle Erregung hervorrufen.

Ebenfalls ursächlich für RGS kann eine Beschädigung des dorsalen Klitorisnervs (dem Endstück des Schamnervs) sein, ausgelöst z.B. durch einen Unfall. Auch eine Verletzung des Rückenmarks - z.B. bei einem Bandscheibenvorfall - kann den Klitorisnerv beeinflussen. Bei betroffenen Frauen wurden häufig Krampfadern - also dickere Venen - in der Beckengegend diagnostiziert.

Wie kann man das RGS heilen?

Ein Orgasmus - ausgelöst durch Sex oder Selbstbefriedigung - kann das unangenehme Gefühl zwar lindern - allerdings nur für kurze Zeit. Auch der Verzicht auf Lebensmittel, die Hormone enthalten, wie etwa Sojaprodukte, kann die Symptome mildern.

Da die Krankheit noch recht unerforscht ist, gibt es zur Zeit weder Medikamente noch Therapien, mit denen man das RGS heilen kann. In seltenen Fällen kann das RGS ebenso spontan von selbst wieder verschwinden, wie es aufgetreten ist.

Bestimmte Arzneimittel können die RGS-Symptome ebenfalls lindern, etwa Beruhigungsmittel wie Oxazepam oder spezielle Gels zum Auftragen im Scheidenbereich. Auch eine Therapie mit gezielter elektrischer Nervenstimulation im Beckenbereich kann Abhilfe verschaffen. Dabei werden die fehlgesteuerten Nerven gehemmt.

Dem mit der Krankheit einhergehenden seelischen Leiden kann man mit einer Psychotherapie entgegenwirken.

Liegt die Ursache des RGS bei einer Rückenmarksverletzung (s.o.) kann auch ein chirurgischer Eingriff helfen.

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(ww7)