Zyklusbasiertes Training: So machst du Sport mit dem Zyklus
Mehr Leistungsfähigkeit, aber weniger Beschwerden vor und nach der Periode? Das geht! Wir verraten, wie du optimal Sport treiben kannst, wenn du dein Training an deinen Zyklus anpasst.
- Zyklusbasiertes Training: Der Zusammenhang des weiblichen Zyklus und der sportlichen Leistungsfähigkeit
- Menstruationsphase: Tut mir Sport während der Periode gut?
- Follikelphase: Die Tage nach den Tagen sind optimal für Sport
- Ovulationsphase: Nach dem Eisprung schalten wir einen Gang zurück
- Lutealphase: Wie steht es mit dem Training in dieser Zyklusphase?
- Im Monats-Rhythmus grüßt das sportliche Murmeltier
Jede*r hat mal einen schlechten Tag beim Sport, oder? Klar. Wenn dieser schlechte Tag allerdings in gut nachvollziehbarer Regelmäßigkeit bei einer Frau auftritt, liegt der Zusammenhang zum weiblichen Zyklus nahe. Heute stemmst du bei Squats 50 Kilo und morgen erscheinen dir 5 Kilo-Hanteln schon unglaublich schwer – klingt komisch, ist allerdings keine Einbildung. Denn an welchem Punkt in unserem Zyklus wir uns befinden und ob wir gerade unsere Periode haben oder nicht, beeinflusst unsere Leistungsfähigkeit beim Sport ganz erheblich. Wir verraten, was dahintersteckt und wie du deinen Zyklus beim Sport dafür nutzen kannst, dein Training zu optimieren.
Zyklusbasiertes Training: Der Zusammenhang des weiblichen Zyklus und der sportlichen Leistungsfähigkeit
Der weibliche Zyklus wird durch ein fein reguliertes Zusammenspiel der Hormone Östrogen und Progesteron sowie des follikelstimulierenden Hormons (FSH) und des luteinisierenden Hormons (LH) gesteuert. Diese beeinflussen jedoch nicht nur unsere Fruchtbarkeit und unseren Menstruationszyklus, sondern auch den Rest unseres Körpers. Beispielsweise kann der Anstieg des Östrogenspiegels dafür sorgen, dass unser Körper Kohlenhydrate schneller in Energie umsetzt – dadurch fühlen wir uns fitter und können leichter abnehmen.
Aber nicht nur der Stoffwechsel wird durch unseren Zyklus beeinflusst: Wie gut der Muskelaufbau funktioniert, kann ebenfalls mit der jeweiligen Zyklusphase stehen und fallen. Dass unsere Motivation für Sport ebenfalls mit dem aktuellen Hormon-Cocktail in unserem Körper zusammenhängt, brauchen wir wohl gar nicht erst zu erwähnen…
Die Lösung: Das zyklusbasierte Training?
Dass sich die biologischen Geschlechter anatomisch, physiologisch und hormonell unterscheiden, ist klar. Und dennoch scheinen wir diesem Aspekt beim Training noch zu selten Beachtung zu schenken. Allerdings tut sich langsam etwas. Das erkannte auch der Deutsche Olympische Sportbund(DOSB) 2023 an: "Wenn beide Geschlechter das Gleiche trainieren, trainiert eine*r falsch!" (vgl. Frances Weber, "Eine Frage der Phase", S. 37).
Der Gegenvorschlag vieler Expert*innen ist das zyklusbasierte Training: Die Gynäkologin Prof. Dr. Mandy Mangler schreibt im "Große(n) Gyn Buch", dass bereits viele Spitzensportlerinnen ihre Zyklusphasen nutzen würden, um effektiver trainieren zu können – sofern diese ihren Zyklus nicht mit hormonellen Verhütungsmitteln komplett unterdrücken würden (vgl. S. 112). Ein weiterer Nebeneffekt sei, dass die Sportlerinnen durch das zyklusbasierte Training ihre Menstruation besser steuern könnten, so Mangler.
Menstruationsphase: Tut mir Sport während der Periode gut?
Das passiert im Körper: Der weibliche Zyklus beginnt mit dem ersten Tag der Periode. Die Dauer der Blutung ist von Frau zu Frau verschieden, liegt aber meist zwischen drei und sieben Tagen. Während ihrer "Tage" fühlen sich viele Frauen unwohl und haben mit Beschwerden wie Unterleibs- und Kopfschmerzen, empfindlichen Brüsten, Müdigkeit, Schwindelgefühlen und Rückenschmerzen zu kämpfen.
Viele fühlen sich aufgebläht und schlapp, denn kurz bevor wir unsere Tage bekommen lagert unser Körper Wasser ein und plötzlich zwickt die Hose, die uns vor ein/zwei Wochen noch perfekt gepasst hat. Die Schwankung unter den Hormonen, die für den Flüssigkeitshaushalt zuständig sind, löst aber auch noch eine andere Kettenreaktion aus: Unser Blutvolumen ändert sich und unser Blutdruck sinkt. Daher rühren die Kreislaufschwierigkeiten, die viele von uns kennen.
Vor allem an den ersten beiden Tagen der Menstruation können wir uns deshalb gerne Ruhe gönnen: Der Körper arbeitet so schon hart genug, denn die Gebärmutterschleimhaut wird abgestoßen, während die Follikelreifung und die Hormonproduktion wieder in Gang gebracht werden müssen.
Training in der Menstruationsphase
Die Sport-& Ernährungswissenschaftlerin Frances Weber empfiehlt in ihrem Buch "Eine Frage der Phase" während der Menstruation beim Training die Intensität rauszunehmen, damit du dich nicht überforderst (vgl. S. 104). Sie rät: "Lege bei Menstruationsschmerzen zwei bis drei Entlastungstage ein. Hör auf dein Körpergefühl!" Wer sich fit genug fühlt, um sich körperlich zu aktivieren, sollte moderat trainieren, den Kreislauf mit lockerem Cardio-Training wie Laufen oder Fahrradfahren in Schwung bringen oder beispielsweise eine ausgedehnte Yoga-Session ins Auge fassen. Das regt die Durchblutung an und kann krampflösend wirken. Noch dazu sorgen die beim Sport ausgeschütteten Glückshormone zusätzlich für mehr Wohlbefinden.
Achtung: Sehr schweres Training wie Gewichtheben oder ähnliches kann in dieser Phase den Hormonhaushalt durcheinanderbringen.
Ernährung in der Menstruationsphase
In dieser Zeit sollten wir vor allem auf unsere Magnesium-, Eisen- und Kalziumzufuhr achten. Diese Mineralstoffe können gegen Krämpfe und Müdigkeit helfen. Zum Beispiel Haferflocken, Bananen und vor allem grünes Gemüse sind während der Periode essbare Helferlein.
Außerdem sei es ratsam, regelmäßige und leichte Mahlzeiten zu sich zu nehmen, um den Blutzuckerspiegel in Takt zu halten und Heißhungerattacken zu vermeiden, erklärt Frances Weber (vgl. S. 104, "Eine Frage der Phase"). Ein weiterer Tipp der Ernährungswissenschaftlerin: "Trinke genug: Achte auf genügend Flüssigkeitszufuhr durch Wasser, ungesüßte Tees oder elektrolytreiche Sportgetränke." Das ist wichtig, da Progesteron die Körpertemperatur erhöht und du gleichzeitig auch einen niedrigeren Blutdruck hast, weshalb du weniger schwitzt. Es fällt deinem Körper also schwerer, die eigene Körpertemperatur zu regulieren und in einem normalen Level zu halten.
Follikelphase: Die Tage nach den Tagen sind optimal für Sport
Das passiert im Körper: Nach der Menstruation beginnt eine Aufbauphase. Das gilt in mehrfacher Hinsicht, denn der ansteigende FSH-Spiegel bewirkt, dass sich neue Follikel bilden. Diese wiederum sorgen dafür, dass bis zum Eisprung immer mehr Östrogen produziert wird, was wiederum dafür sorgt, dass sich auch die Schleimhaut in der Gebärmutter wieder aufbaut. Die Gynäkologin Prof. Dr. Mandy Mangler erklärt: "In der Follikelphase sind zum Beispiel die Muskeln besonders leistungsfähig und wachsen auch schneller, sodass jetzt ein guter Zeitraum fürs Krafttraining ist", (vgl. S.111, "Das Große Gyn Buch2).
Training in der Follikelphase
Diese Phase ist perfekt, um beim Sport Vollgas zu geben. Denn der steigende Östrogenspiegel (genauer gesagt der Estradiolspiegel) wirkt ähnlich wie Testosteron anabol, also (muskel-)aufbauend. Unsere Leistungsfähigkeit wird gesteigert, denn die Muskeln reagieren stärker auf Reize. Du kannst zudem öfter trainieren, da das Östrogen dafür sorge, dass sich deine Muskulatur schneller regeneriere, erklärt Frances Weber. Das sei super, um mehr Trainingseinheiten in kürzerer Zeit zu absolvieren (vgl. S. 112 "Eine Frage der Phase").
Estradiol kann allerdings noch mehr: Es unterdrückt antriebshemmende Hormone. Das und die nun ebenfalls vermehrt ausgeschütteten Hormone Dopamin und Noradrenalin fördert außerdem Glücksgefühle: Wir sind motiviert und könnten Bäume ausreißen! Alles in allem heißt das: Hallo, intensives Training! Schweißtreibende HIIT-Einheiten lohnen sich jetzt ebenso wie Training mit Gewichten besonders.
Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Punkt ist das erhöhte Verletzungsrisiko rund um den Eisprung: Denn die Forschung habe gezeigt, dass das Verletzungsrisiko um den Eisprung herum am höchsten zu sein scheint, besonders für das vordere Kreuzband, hält auch Frances Weber in ihrem Buch fest (vgl. S. 115). "Vermutet wird, dass das Östrogen, welches unsere Bänder laxer werden lässt, dafür verantwortlich ist. Außerdem könnten auch psychische Faktoren eine Rolle spielen, da wir in dieser Phase besonders risikofreudig und fast schon ein wenig übermotiviert agieren", erklärt die Sportwissenschaftlerin.
Ernährung in der Follikelphase
In dieser Phase kannst du dir Kohlenhydrate gönnen, denn die werden bei intensiven Sporteinheiten direkt in Muskelzellen investiert. Cheat-Meals sind in dieser Phase gut zu verschmerzen – allerdings natürlich wesentlich weniger förderlich als gesundes Powerfood. Wenn du in dieser Phase sportlich sehr aktiv bist, ist es nämlich umso wichtiger, deinen Energiebedarf gesund zu decken, betont Frances Weber: "Um dich für deine schweißtreibenden Trainingseinheiten rundum zu versorgen, denke daran, ausreichend Kohlenhydrate und Proteine zu dir zu nehmen" (vgl. S. 112 "Eine Frage der Phase").
Ovulationsphase: Nach dem Eisprung schalten wir einen Gang zurück
Das passiert im Körper: Etwa in der Mitte des weiblichen Zyklus kommt es zum Eisprung. "Kurz vor dem Eisprung kann der Körper durch den steigenden Östrogenspiegel Sauerstoff besser verwerten, was die Ausdauer bei Cardio-Training wie Laufen oder Radfahren unterstützen kann", erklärt Prof. Dr. Mandy Mangler (vgl. S.111, "Das Große Gyn Buch"). Nach dem Eisprung wandelt sich der Follikel durch das luteinisierende Hormon (LH) in einen Gelbkörper um, der wiederum das Hormon Progesteron bildet. Der Östrogenspiegel sinkt nun hingegen. Die Gebärmutter wird auf eine Einnistung der befruchteten Eizelle vorbereitet.
Training in der Ovulationsphase
In dieser Phase nach dem Eisprung werden viele Frauen weniger leistungsfähig: Unsere Muskeln und Nerven ermüden schneller und der Anstieg des Progesterons wirkt katabol, also abbauend auf die Muskeln. In dieser Phase sollten wir deshalb auch weiter Sport treiben, um diesem tendenziellen Abbau entgegenzuwirken, allerdings ist es ratsam, es hier ruhiger angehen zu lassen und es nicht zu übertreiben. Statt auf Muskeltraining sollten wir lieber auf Cardio- und Ausdauertraining setzen: Unser Körper bereitet sich auf eine mögliche Schwangerschaft vor, was unsere Bänder und unser Bindegewebe lockerer als sonst werden lässt. Hier droht also ein erhöhtes Verletzungsrisiko. Sorgfältiges Dehnen kann dem entgegenwirken.
Ernährung in der Ovulationsphase
Grünes Gemüse, Fisch, Beeren und Nüsse – diese Lebensmittel sind jetzt echte Freunde, denn alles, was gesunde Fette, Ballaststoffe und Proteine enthält, tut uns gut. Einfache Kohlenhydrate können unser Wohlbefinden in dieser Phase hingegen stark negativ beeinflussen.
Lutealphase: Wie steht es mit dem Training in dieser Zyklusphase?
Das passiert im Körper: Wenn keine Eizelle befruchtet wird, stirbt die Eizelle innerhalb von 12 bis 16 Tagen nach dem Eisprung ab. Der Progesteron- und Östrogenspiegel sinken, die Gebärmutterschleimhaut löst sich ab und die Periode setzt ein. Die Tage vor der Periode sind bei vielen Frauen nicht gerade die liebste Zeit im Monat: Von extremen Stimmungsschwankungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Müdigkeit über Heißhunger und bis zu Wassereinlagerungen kann das Prämenstruelle Syndrom (PMS) eine mehr oder weniger starke Belastung sein.
Training in der Lutealphase
Lust auf Sport oder überhaupt auf körperliche Betätigung haben in dieser Phase die wenigsten Frauen. Aber: Wer den Hintern hochbekommt, wird für die Disziplin belohnt, denn moderate körperliche Betätigungen und lockeres Training können die Symptome des PMS deutlich lindern. Und: Mittlerweile konnte nachgewiesen werden, dass Sportlerinnen seltener unter PMS leiden als wenig aktive Frauen – das regelmäßige Bekämpfen des Schweinehunds ist also nicht nur gesund, sondern fördert auch das Wohlbefinden während der "schwierigeren" Zyklusphasen.
Allerdings spricht laut Frances Weber auch nichts dagegen, weniger intensiv zu trainieren und dir mehr Pausen zu gönnen, wenn deine Energie es nicht zulasse oder du von PMS-Beschwerden betroffen bist (vgl. S. 134 f.). Und auch "wenn du dich fit fühlst, musst du dich nicht immer auspowern", beruhigt sie. So könne man die wenigen Tage vor der Periode auch für etwas lockerere Trainingseinheiten wie Grundlagenausdauertraining, Schwimmeinheiten oder ausgiebige Spaziergänge nutzen (vgl. S. 134 f.).
Ernährung in der Lutealphase
In der Lutealphase empfiehlt Frances Weber, die Kohlenhydrat-, Protein-, und Flüssigkeitszufuhr zu erhöhen, sich gesund satt zu essen, den Koffeinkonsum zu reduzieren und entzündungsfördernde Lebensmittel zu vermeiden (vgl. S. 134 f.). Auch wenn der Heißhunger übermächtig ist: Zu Fettes oder Zuckerhaltiges verschlimmert die PMS-Beschwerden zusätzlich. Gesunde Snacks können hier Abhilfe schaffen. Natürliche Helfer wie Ingwer können zudem helfen, die Durchblutung anzuregen und Bauchkrämpfe zu lösen.
Im Monats-Rhythmus grüßt das sportliche Murmeltier
An dieser Stelle geht der Zyklus wieder von vorne los… Was auch ein Gutes hat: Je mehr wir über unseren Zyklus und das Verhalten unseres Körpers währenddessen reflektieren, desto besser können wir uns, unsere Pläne, unsere Ernährung und eben auch unsere sportlichen Aktivitäten darauf abstimmen. Der Trick ist, nicht gegen das Befinden des Körpers bzw. den Zyklus zu arbeiten, sondern mit ihm!
Quellen
Mandy Mangler: Das große Gyn Buch. Selbstbewusst für den eigenen Körper entscheiden. Sex, Zyklus, Wechseljahre aus weiblicher Sicht neu verstehen. Krankheiten erkennen und therapieren. Insel Verlag: 1 Auflage (2024). 496 Seiten.
Frances Elisa Weber: Eine Frage der Phase. Komplett-Media GmbH: 1. Auflage (2024). 232 Seiten.